Das Internet als moderne Erdöl-Entsprechung
Bis zur Gründung ihres Unternehmens Yell.ru haben Mathias und Joakim sich eher auf größere Media-Projekte konzentriert und haben in dieser Zeit Erfahrungen mit dem Internet-Business im eigenen Land und in Europa machen können. Vor zwei Jahren kamen sie dann auf die Idee, ein Online-Informationsportal in Russland zu gründen.
Der Hauptgedanke war dabei, das Projekt „Gelbe Seiten“ weiter zu entwickeln und den Verbrauchern umfassendere Informationen zu bieten. Mathias und Joakim berichten über ihre Motivation und erwähnen dabei im Scherz, dass sie eigentlich nicht die ersten Unternehmer aus Schweden sind, die ihr Business in Russland gestartet haben. Noch vor 100 Jahren hat ihr Landsmann Alfred Nobel in Russland ein Business mit Erdöl betrieben. Damals war für Ausländer in Russland diese Art von Business sehr aussichtsreich. Heute ist das Internet-Business für die ausländischen Unternehmer in Russland genauso attraktiv wie damals das Erdöl-Business. Denn das World-Wide-Web gilt heute als moderne Entsprechung zum Erdöl!
Über Yell.ru
Yell.ru ist die interaktive Version des bekannten Nachschlagwerkes „Gelbe Seiten“, das 1998 nach Russland kam. Das Portal bietet Online-Informationen über verschiedene Unternehmen; das Feedback seiner User macht die Suche noch schneller und effektiver. Jeden Monat besuchen Yell.ru Millionen von Menschen und geben ihr Feedback über verschiedene Unternehmen ab.
Daher empfehlen Mathias und Joakim Ausländern, die über ihr eigenes Projekt in Russland nachdenken, das Internet-Business. In diesem Bereich gibt es zum einen noch einige unentdeckte Nischen. Zum anderen gehört dieser Bereich zu den wenigen Business-Sphären, wo man auch ohne einen russischen Geschäftspartner auskommen kann, der einem „die Türen öffnet“.
Denn im Netz öffnen sich die Türen von allein, wenn man bestimmte Regeln befolgt (über diese Regeln später mehr). Es ist kein Zufall, dass bei den großen Internet-Unternehmen in Moskau die Spitzenpositionen von Ausländern besetzt sind. So hat das Unternehmen „Ozon“ eine französische Top-Managerin, das „Lamoda“ wird von deutschen Spitzenkräften geführt und „Avito“ von Managern aus Schweden. Das Unternehmen „Avito“ war übrigens zuerst ein Sub-Projekt von „Yell.“ Und heute hat das Unternehmen als ein selbstständiges Business- Projekt über 35 Mio. Besucher jeden Monat.
Bei „Yell“ sind die Rollen einfach aufgeteilt: Joakim ist für das Produkt und Mathias für Finanzfragen und Business-Entwicklung zuständig. Aber eigentlich lösen sie alle möglichen Fragen, wenn diese entstehen, gemeinsam, und oft mit Hilfe eines Brainstormings, an denen dann – gleichberechtigt mit den Business-Inhabern – auch andere Mitarbeiter aus Moskau teilnehmen. Die Qualifikation der Mitarbeiter von „Yell“ ist ziemlich hoch. Die Schweden sind überzeugt, dass es in Russland viele talentierte Programmierer und Techniker gibt. Es ist aber nicht immer leicht, hoch qualifizierte Manager mit Erfahrungen im Bereich der Umsetzung von Internet-Projekten zu finden. Gefragt sind außerdem solche Mitarbeiter, die „Yell“ als ihr Lebenswerk betrachten. Heute beschäftigt das Unternehmen 25 Mitarbeiter; ihre Anzahl wird sich in Zukunft allerdings verdoppeln, weil das Arbeitsvolumen stetig wächst.
Historischer Bonus
Als Mathias und Joakim nach Moskau kamen, war ihnen klar, dass hier eine ganz eigene Spezifik herrscht. Aber sie hatten keine Angst vor Schwierigkeiten.
– Je schwieriger ein Business-Projekt ist, desto weniger Konkurrenz gibt es – meint Mathias. Und wenn zum Beispiel die Amerikaner nach Moskau kommen, haben sie Schwierigkeiten, hier zu leben und ihr Business zu betreiben. Wir dagegen verstehen die russische Seele viel besser, weil wir auch aus einem nördlichen Land kommen…
In Russland gründet sich alles auf der Basis von Vertrauen, das auch für ein Internet-Business entscheidend ist.
– Wir empfehlen den Verbrauchern bestimmte Unternehmen, – erzählt Mathias. Daher ist das absolute Vertrauen für uns das A und O in unserem Business. Auf unseren Seiten finden Sie echte, nicht ausgedachte Kundebewertungen. Es ist ein Teil unserer Firmenpolitik, die Bewertungen nur von real existierenden Kunden zu veröffentlichen. Wir haben daher sehr starke Programmfilter einbauen lassen, die alles Verdächtige abwehren. Aber auch unsere Mitarbeiter selbst sind angehalten, die Informationen zu prüfen.
Die schwedischen Unternehmer betonen, dass das längerfristige Entwicklungsprogramm ihres Unternehmens jegliche „Verhandlungsversuche“ ausschließt. Denn ihr Business basiert auf dem Vertrauen ihrer Kunden – ohne Vertrauen wird ihr Businessprojekt nicht funktionieren können. Es ist viel attraktiver, ein Businessprojekt längerfristig und als ein vertrauensbasiertes Projekt zu planen.
Elena Schukowskaja, Managing Partner bei der Agentur für erfolgreiche Kommunikation Comagency:
Der Umgang mit Kundenbewertungen
– Es ist kein Geheimnis, dass heute mehr als die Hälfte der Internetnutzer bei Käufen auf Empfehlungen und Ratschläge anderer Netzbenutzer zurückgreifen. Dabei neigt der Großteil der Nutzer, insbesondere im E-Commerce eher dazu, Informationen zu vertrauen, die nicht auf den offiziellen Seiten der Anbieterfirmen zu finden sind, sondern die auf, wie sie meinen, unabhängigen Bewertungen anderer User der verschiedenen Online-Plattformen basieren wie Foren, sozialer Netzwerke, Blogs und sogar auf Kommentaren zu analogen Produkten auf anderen Seiten. Dies zwingt die russischen Firmen immer mehr dazu, ihr Augenmerk auf diesen Kommunikationskanal mit den Verbrauchern zu lenken, und digitale Kommunikationsagenturen immer häufiger, Dienstleitungen zu „Kundenbewertungen im Internet“ als Instrument zur Imagebildung in ihr Repertoire mit aufzunehmen. Dieses spezielle PR-Instrument hat eine Reihe von Besonderheiten, die man unbedingt beachten muss, um Kommunikationsrisiken zu vermeiden.
Der Umgang mit Kundenbewertungen im Netz muss, wie jede Tätigkeit, die mit der Außenkommunikation eines Unternehmens verbunden ist, systematisch durchgeführt werden, weshalb es natürlich wünschenswert ist, dass diese von Spezialisten übernommen wird. Es ist notwendig, einen detaillierten Content-Plan auszuarbeiten, Antworten auf „unangenehme“ Fragen, Verhaltensweisen in Krisensituationen und anderes. Statistisch schreibt jeder Vierte im Netz negative Dinge. Unzufriedene äußern sich in der Regel häufiger als Zufriedene. Bei der Arbeit mit Kundenbewertungen müssen die Firmen auch bedenken, dass das substanzlose Verfassen und Posten von positiven Bewertungen häufig einen noch größeren negativen Effekt hat, als die Existenz einzelner negativer Kommentare. Es lohnt sich auch nicht, zu technologischen Mittel zur Entfernung der Negativkommentare zu greifen. Wenn unerwünschte Kommentare auftauchen, empfehle ich, in zwei Richtungen zu arbeiten: erstens, die Bewertungen wahrzunehmen und diese für eventuelle Korrekturen im bisherigen Vorgehen zu berücksichtigen, und zweitens, auf jeden Fall auf jede, insbesondere die negativen, Bewertungen zu antworten und Fehler einzugestehen. In jedem Falle sollte eine entsprechende Reaktion der Firma auf die Bewertung erfolgen. Das zeigt, dass die Firma sich für die Kundenmeinung interessiert, dass sie lebendig, emotional, offen für den Dialog und bereit ist, sich stetig weiter zu entwickeln. Insbesondere solche Firmen haben heute, in Zeiten harter Konkurrenz, den Erfolg auf ihrer Seite.
Mathias und Joakim haben außerdem folgende Gesetzmäßigkeit festgestellt: Das Business der Amerikaner ist stark binnenmarktorientiert. Die Warenproduktion ist daher nicht wirklich auf die Exportentwicklung und Kundensuche im Ausland angewiesen. In solchen Ländern wie Schweden dagegen ist das Business sehr wohl auf den internationalen Markt angewiesen.
– Und es besteht ja sogar die Vermutung, dass die Kiewer Rus von Schweden gegründet wurde, – lächelt Mathias. Und obwohl die Geschichtswissenschaftler in dieser Frage untereinander noch immer uneinig sind, ist das doch eine Art Zusatzbonus für uns…
Eine andere Art Bonus für die ausländischen Unternehmer ist auch die Tatsache, dass die Gehälter der Mitarbeiter in Moskau etwas niedriger als in Westeuropa ausfallen. Allerdings ist die Miete für Büroräume im Zentrum der russischen Hauptstadt viel teurer als zum Beispiel in Stockholm. Aber eigentlich würde man für die Entwicklung eines entsprechenden Internet-Projekts in Schweden ein ähnliches Startkapital benötigen wie in Russland.
– Bei der Businessentwicklung in Moskau sollte man außerdem auch eine ganze Menge anderer Details mitberücksichtigen, – meint Mathias. In erster Linie meine ich damit verschiedene bürokratische Hindernisse. Aber ich war auch angenehm überrascht, denn ich habe eine viel stärkere Bürokratie erwartet.
Allerdings räumt Mathias ein, dass in anderen Business-Bereichen die Vorgänge zum Teil viel bürokratischer ablaufen können. Wenn er sich ähnlich wie damals Nobel mit dem Erdöl beschäftigen würde, hätte er wohl kaum einen solchen Optimismus.
Über Mathias Eklof
Magisterabschluss an der Handelshochschule Stockholm. Arbeitete in der Schwedischen Botschaft in Helsinki, beim Radio und für das Unternehmen „Intrac“ in Stockholm. Der Präsident von Yell.ru studierte Informationstechnologie bei Christer Fåhraeus, „Mensch des Jahres 2001“ im Bereich IT. Im Jahre 2005 gründete Mathias Eklof das Unternehmen „Abbantina Gaming Group“, wo er als Generaldirektor tätig war. Das Basisprojekt von „Abbantina Gaming Group“, „Betfriends.com“, wurde dann 2010 an das in der Spielindustrie führende europäische Unternehmen „Betsson“ verkauft. Im Jahre 2012 startete Mathias Eklof eine Plattform für den Autokauf „Bibito.com“, die ein Teil des Portals Yell.ru wurde.
Die Schweden haben ihre Internet-Projekte vollständig an die russischen Realien angepasst. Und im Laufe des Entwicklungsprozesses von „Yell“ steigerte sich das Kundeninteresse innerhalb von zwei Jahren um 200%: Ganz am Anfang haben das Portal 400.000 Interessenten pro Monat besucht, heute sind es über zwei Millionen. Außerdem haben früher etwa 12% der User die Informationen zum wiederholten Mal auf Yell.ru gesucht, und heute sind es 35%. Und diese Wachstumstendenz bleibt erhalten. Wenn die Kunden zum wiederholten Mal nach Informationen auf der gleichen Internetseite suchen, kann dies als Zeichen ihres Vertrauens gedeutet werden.
Die Kunden suchen auf dem Portal Yell.ru nach ganz unterschiedlichen Informationen. Am häufigsten werden Suchanfragen im Bereich Shopping gemacht. In letzter Zeit kamen auch verstärkt Anfragen im Bereich Bildung in Moskau und in anderen Städten Russlands. Auch das Interesse für Kindergarteneinrichtungen steigt. Und sowohl die Moskauer als auch die Ausländer stellen vermehrt Fragen zu qualitativer medizinischer Behandlung. Dieses Thema steht an zweiter Stelle, gleich nach dem Thema Einkauf.
Jewgenij Gawrilin, Generaldirektor von Boomstarter:
– Warum gehen die Leute ins Internet? Hauptsächlich, um Nachrichten zu lesen, miteinander zu kommunizieren und die Suchmaschinen zu nutzen. Seit 2007 haben die sozialen Netzwerke wie „Vkontakte“, „Facebook“ oder „Odnoklassniki“ (Klassenkammeraden) alle anderen Mittel abgelöst und dem Runet einen tüchtigen Schub nach vorn gegeben. 2009 hat sich, nach einem langsamen Start, eine gewaltige Anzahl von Coupon-Diensten, die on- und off-line zusammenführen, entwickelt. Und wieder schäumte bei den russischen Nutzern das Interesse für das WWW auf. Eine Besonderheit des russischen Marktes liegt darin, dass er dem westlichen etwa um zwei Jahre hinterherhinkt. Deshalb sehe ich in der Nachahmung von Ideen unter Berücksichtigung lokaler Spezifika nichts Schlechtes. Erinnern wir uns an die erfolgreichsten Internet-Businesses: Das sind Yandex, Groupon, Ozon - Klone von Google, Biglion, Amazon und so weiter. Das zieht natürlich eine Großzahl von Investoren an. Das größte Wachstum zeigt der Markt rund ums E-Commerce: elektronische Bezahlsysteme oder mobile Reklame. Der Markt für Crude Funding nimmt Fahrt auf. Ich denke, dass man getrost noch fünf Jahre auf dieses Business-Segment setzen kann.
Ein Problem der russischen digitalen Branche ist der Hunger nach Arbeitskräften. Es ist sehr schwer, wirklich gute Spezialisten zu finden. Fast alle arbeiten als Selbstständige. Der Markt für Lohnarbeitskräfte ist sehr klein. Es ist notwendig sich für Hilfe an den Westen zu wenden. In einigen Jahren jedoch wird dieses Problem gelöst sein, denn bereits jetzt werden an den russischen Hochschulen Professionals ausgebildet, die die Bedürfnisse des Marktes bedienen werden können.
– Wir sind der soziale Spiegel der heutigen russischen Gesellschaft, welcher ihre realen Entwicklungstendenzen zeigt, – meinen die Unternehmer aus Schweden. Wenn sich etwas in der Gesellschaft verändert, wird es auch auf Yell.ru registriert: In Russland wurde vor Kurzem die Gesetzgebung im Bereich der Schulbildung geändert, was sofort zum Thema auf unserer Internetseite wurde.
Bei ihrem Kundenkontingent unterscheiden die Gründer von „Yell“ zwei Arten von Kunden. Zum einen sind es die Endverbraucher (Segment B2C). Zum anderen sind es die Unternehmer, die auf der Kundensuche sind (Segment B2B). Zu den aktivsten Besuchern zählen dabei junge Frauen und Männer zwischen 24 und 35 Jahren. Im Segment B2B überwiegen die Geschäftsführer und Manager von verschiedenen Unternehmen. Mithilfe von „Yell“ suchen sie nach den passenden Verbrauchern und positionieren sich gleichzeitig auf dem Markt. Manche Unternehmer suchen mithilfe von Yell.ru auch passende (Küchen-)Möbel für ihre Restaurants. Aber eigentlich ist Yell.ru primär endverbraucherorientiert.
Im Rahmen seiner Serviceleistungen verlangt „Yell“ kein Geld von seinen Kunden. Das Business-Modell basiert – ähnlich wie bei den großen Suchmaschinen – auf den einzelnen Anzeigen und der Kontext-Werbung, um Kunden für alle möglichen Unternehmen zu gewinneny.
– Der Kunde, der „Yell“ aufsucht, weiß ganz genau, welche Informationen er braucht, – erklärt Mathias. Wenn der Kunde zum Beispiel ein Auto der Marke Audi kaufen möchte, sucht er bei uns gezielt nach Autohäusern, die diese Marke anbieten. Es ist für die Unternehmen attraktiv, ihre Werbung bei uns zu platzieren, denn dadurch kommen sie ihren Kunden näher.
Es ist für die Unternehmen attraktiv, ihre Werbung bei uns zu platzieren, denn dadurch kommen sie ihren Kunden näher.
Die Gründer von Yello.ru führen folgende Statistik an: 80% der Kunden, die ein Auto kaufen möchten, suchen zuerst nach Informationen im Internet. Dann gehen sie auf die Seiten von „Yell“ und suchen konkret nach möglichen Autoanbietern. Erst danach besuchen sie ein Autohaus. Somit fungiert „Yell“ als eine Art Bindeglied zwischen der Online- und Offline-Realität.
Ein unbekanntes Terrain wird bekannt
Vor Kurzem haben Mathias und Joakim eine englischsprachige Version von „Yell“ ins Leben gerufen, die speziell für Ausländer, die in Moskau leben und arbeiten sowie für Touristen gedacht ist. Das Interesse an einer solchen Seite ist ziemlich hoch. Die Besucheranzahl wächst stetig; sie beträgt bereits mehrere Zehntausend. Man geht daher davon aus, dass auch das Vertrauen gegenüber „Yell“ wächst. Vielleicht liegt das auch daran, dass für viele Ausländer, die nach Russland kommen und dabei verschiedene Ziele verfolgen (u.a. auch die eigene Unternehmensgründung), dieses Land eine Art „Terra Incognita“ darstellt.
Anastasia Simakina, Analystin des Zentr TAdviser:
Die Entwicklung des Internets und der Zugang zum Internet wird von der Regierung Russlands unterstützt, da es sich hierbei um Schlüsselelemente einer innovativen Ökonomie handelt. Das Ministerium für Kommunikation (Minkomswjasi) der Russischen Föderation hat das Ziel formuliert, jährlich fünf Millionen Haushalte an das Internet mit einer Übertragungsrate von 100 MBit/s anzuschließen. Natürlich hängt von dem Durchdringungsgrad eines schnellen Internets unmittelbar die Entwicklung des E-Commerce ab. Wenn man sich die größten Firmen des Runet einmal anschaut, dann stellt man fest, dass sie alle privatwirtschaftliche Firmen sind, sei es Yandex, die Gruppe Mail.ru, Payonline, ChronoPay, Assist oder die Gesellschaft mit beschränkter Haftung OOO „Internet Reschenie“ (Ozon). Diese Unternehmen treiben die Technologien des E-Commerce voran. Was die Gesetzgebung und Regulatorik der Branche angeht, so ist einiges zu tun. Die Gesetzesbasis ist in Russland hier noch sehr jung und ist gerade erst in der Entstehung. Die größten Marktteilnehmer versuchen durch Lobbyarbeit Einfluss auf die zu erlassenden Gesetze zu nehmen. Zentrales Gesetz in der Russischen Föderation ist hierbei das Gesetz „Über den E-Commerce“ .
Der Begriff des E-Commerce ist sehr weit gefasst: er beinhaltet sowohl den Handel im Netz (e-trade). elektronisches Geld (e-cash), elektronisches Marketing (e-marketing), elektronisches Banking (e-banking) und sogar elektronische Versicherungsdienstleistungen (e-insurance). Jede dieser Branchen hat ihre eigene Gesetzgebung, mehr oder minder vollständig, mehr oder minder erfolgreich. Einige der Gesetze bremsen die Entwicklung der Branche, andere fördern sie. Gemäß einer Erhebung der amerikanischen Firma Verisign gab es Ende 2012 weltweit 252 Millionen Domain-Namen. Pro Monat werden etwa zwei Millionen neue registriert, 66.600 am Tag. Sicherlich werden nicht alle mit Seiten belegt, dennoch eine aussagekräftige Zahl. In der kyrillischen Domain .rf, die 2009 ins Leben gerufen wurde, haben die User 2012 etwa 786.000 Domain-Namen erworben, das heiß mehr als 2.000 pro Tag. 2010 wurde die dreimillionste Domain in der RU-Zone registriert. Was die Kosten eines Eintritts in den Markt des E-Commerce angeht, so sind die Investitionen für einen Internet-Store am geringsten. Die Aufwendungen inklusive technischer Lösungen und Anschubfinanzierung belaufen sich im Mittel auf etwa 10.000 US Dollar zuzüglich der Kosten für die Warenbestände. Um dagegen, sagen wir, ein System für elektronische Bezahlung zu starten sind Investitionen in Millionenhöhe notwendig.
– Wir wollen den Ausländern helfen, Russland für sich zu entdecken, – sagen die schwedischen Unternehmer über ihre Strategiepläne. Sie verfügen ja kaum über ausreichende Kenntnisse über dieses Land und brauchen daher unsere Unterstützung.
Viele russische Bürger, vor allem Moskauer und Sankt Petersburger, trauen weder der Werbung noch offiziellen Informationsquellen und bevorzugen viel mehr die Informationen aus dem Internet. Yell.ru hilft einerseits den Verbrauchern, die notwendigen Informationen über ein bestimmtes Unternehmen zu finden, und andererseits den Unternehmen, den Kontakt zu den passenden Kunden herzustellen. Einige Unternehmen kaufen bei Yell.ru Werbe- und Anzeigeflächen, um die Kontaktaufnahme mit ihren potentiellen Kunden zu fördern. Ausgehend von den auf der New Yorker Fonds-Börse üblichen Parametern beträgt der potentielle Preis für „Yell“ auf dem russischen Markt bereits heute 300 Mio. US Dollar.
Über Joakim Gronvall
Joakim Gronvall, Generaldirektor von Yell.ru, begann seine Karriere im Jahre 2002 als Web-Entwickler und Ingenieur für Datenbanken bei „Jerntorget Sverige AB“. Im Jahre 2006 wurde er zum Mitbegründer und Geschäftsführer von „Bilddagboken AB“. Er entwickelte eine Blogg-Plattform Bilddagboken.se, welche 1,4 Mio. Besucher pro Woche hatte. Das Unternehmen wurde Anfang 2008 an die „Wyatt Media Group“ verkauft. Im Jahre 2010 wurde er zum Manager für Businessentwicklung bei der „Wyatt Media Group“, wo er mit den größten schwedischen Online-Unternehmen wie „Bilddagboken“, „Blog.se“ und „Bloglovin.com“ zusammenarbeitete.
– Der Internet-Markt in Russland ist sehr heterogen und die Konkurrenz stark, – meint Joakim. Hier gibt es Yandex, Google, Facebook und „WKontakte“. Außerdem verfügt jede größere Stadt über ihr eigenes Stadt-Portal. Aber wir haben keine Angst vor Konkurrenz. Deswegen haben wir unser Business in Moskau gestartet.
Die schwedischen Unternehmer glauben daran, dass man sein Business in Russland in Moskau starten sollte. Denn Moskau ist heute eine sich dynamisch entwickelnde Großstadt, in welcher sich vieles in Windeseile verändert: Es werden neue Metrostationen eröffnet, neue Straßen gebaut und neue Erholungsgebiete eingerichtet. Und im Bereich der Entwicklung von Internet-Projekten stellt Moskau eine Art „Klondike“ dar, wo heute ein echter „Goldrausch“ beobachtet werden kann. Es ist nicht einfach, Erfolg zu haben, aber wenn man dann doch erfolgreich geworden ist, sollte man weitere Regionen Russlands erschließen. Das Portal Yell.ru fing bereits damit an – die nächste Stadt nach Moskau ist Jekaterinburg. Aber die Moskauer Kunden machen immer noch fast 50% aller Yell-Nutzer aus. Und ihre Anzahl steigt immer weiter an.
Wir haben keine Angst vor Konkurrenz. Deswegen haben wir unser Business in Moskau gestartet.
Innerhalb der vergangenen zwei Jahre haben sich die schwedischen Unternehmer in Moskau ziemlich gut eingelebt und fühlen sich hier sehr wohl. Zuerst wussten sie lediglich, wie „Brot“ und „Wurst“ auf Russisch heißen; daher haben sie diese Lebensmittel auch hauptsächlich gekauft. Mit der Zeit haben sie ihren Wortschatz erweitert und probierten auch viele andere Sachen aus, die Moskau zu bieten hat, und fanden Geschmack daran.