– Sind Sie ein Neuling in der Tourismusbranche?
– Ich war mal der stellvertretende Generaldirektor in einer Buchhandelsgesellschaft. Es lief zuerst alles gut, aber dann… Die Repatriierung war beendet, und aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion kamen fast gar keine neuen Repatrianten mehr nach. Und unsere Kinder lesen meistens keine russischen Bücher mehr. So wurden immer weniger russische Bücher verkauft und das Unternehmen schrumpfte. Irgendwann habe ich beschlossen, meine Stelle aufzugeben.Wie der Zufall so wollte, musste zwei Tage später mein guter Freund und Nachbar (er arbeitet als Fahrer für ein großes Reiseunternehmen, das sich auf medizinische Reisen in Israel spezialisiert hat) geschäftlich nach Amerika. Und er bat mich, ihn 25 Tage zu vertreten.Ich überstand erfolgreich das Bewerbungsgespräch, verschiedene Prüfungen und arbeitete dann fast einen Monat lang als Fahrer. Meine Aufgabe war: Empfang der Kunden am Flughafen und ihre Begleitung während ihres Aufenthalts in Israel. Ich musste sie unter anderem in die Klinik fahren und ihnen zwischen den Behandlungen die Sehenswürdigkeiten Israels zeigen. Als mein Freund aus Amerika zurückkehrte, gingen zwei andere Fahrer in den Urlaub und mir wurde angeboten, noch etwas weiter in der Firma zu bleiben. Ich willigte ein, weil ich die Arbeit inzwischen spannend fand. Ich habe angefangen, Touristenrouten zu erkunden, Reiseführer und geschichtliche Lektüre zu lesen und mir die Arbeit der Reiseleiter genauer anzuschauen…Nachdem ich meine Tätigkeit als Ersatzfahrer beendete, habe ich im Internet auf verschiedenen Seiten meine Anzeigen „Empfang, Begleitung, Hotelreservierung, Reiseleitung“ samt meiner telefonischen Kontaktdaten aufgegeben. Zu dieser Zeit kannte ich schon einige Menschen, die voll möblierte Apartments direkt am Mittelmeerstrand vermieten, einige professionelle Reiseleiter u.a. Das heißt mein eigener Datenpool. Es lief für mich ziemlich gut… Alle meine Kunden waren zufrieden…Eines Tages wandten sich Freunde von mir an mich, ob ich ihnen helfen könne, da einer ihrer Verwandten krank wurde.
Israel hat eine der besten medizinischen Versorgungen weltweit, die eine Besonderheit aufweist: Der behandelnde Arzt trägt die volle Verantwortung.
Ich hatte viele bekannte Ärzte. Ich kenne einen Schriftsteller, Leon Aguljanskij, der Bücher und Drehbücher schreibt, sich mit der dramatischen Dichtung beschäftigt und gleichzeitig auch ein bekannter Arzt ist. Ich habe ihn kennengelernt, als er an unseren Bücherausstellungen und Fernsehsendungen teilnahm. Er lebt in Israel bereits seit mehreren Jahrzehnten und sagt immer wieder zu mir: „Falls du einen Facharzt brauchst, werden wir für dich den besten finden.“Ich kam zu ihm mit der mir per E-Mail zugeschickten Anamnese. Es wurden daraufhin die besten Fachärzte identifiziert, und sie haben den Patienten, den Verwandten meiner Freunde, optimal beraten. Seitdem kamen auch andere Leute auf mich zu… In den Pausen zwischen den Behandlungen habe ich für sie dann die Ausflüge organisiert.
– Und um welche Krankheiten handelt es sich?
– Es gab z.B. einen Onkologiefall, dann gab es ein Mädchen mit einem Auswuchs auf dem Beinknochen, dann noch ein autistisches Kind… Im letzen Fall wurde die Behandlung von Psychologen und Psychotherapeuten durchgeführt, die mit dem Kind Übungen gemacht und Gespräche geführt haben. Ich war über ihre Wirkung sehr erstaunt. Das einfache Reden mit dem Kind (das Mädchen war damals etwa fünf Jahre alt) half – der Zustand der kleinen Patientin veränderte sich zusehends. Danach haben ihre Eltern eine Vielzahl von Empfehlungen (48 Seiten) bekommen, wo fast tageweise beschrieben wurde, was zu tun ist.Israel hat eine der besten medizinischen Versorgungen weltweit, die eine Besonderheit aufweist: Der behandelnde Arzt trägt die volle Verantwortung. Der Arzt mietet den Operationssaal, das Krankenzimmer usw. Der behandelnde Arzt – und nicht der Bereitschaftsarzt oder die Krankenschwester – ist auch für die Behandlungsergebnisse verantwortlich. Wenn etwas nicht stimmen sollte, wird das Bereitschaftspersonal die erste Hilfe leisten, aber es wird auch der behandelnde Arzt sofort angerufen. Keiner wartet bis zum nächsten Morgen.Wir finden die besten Ärzte, und mit Krankenhäusern haben wir auch keine Probleme. Es handelt sich hierbei um ausgezeichnete Ärztezentren – „Ichilow“, „Asuta“, „Medical Zentr“ u.a. Aber das beste Krankenhaus ist natürlich „Asuta“. Meine Freunde, die selbst Ärzte sind, sind von diesem Krankenhaus begeistert. Diese Klinik ist nagelneu, sie wurde erst vor wenigen Jahren gebaut und verfügt über die neueste Einrichtung.
Und zu den Aufgaben des Moskauer Zentrums zählen u.a. das Vorantreiben der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit.
– Sie kamen nur für eine Woche nach Russland. Was konnten Sie innerhalb dieser sieben Tage in Moskau erreichen?
– Ich habe einige Reisebüros (Diskaweri, Inturmarket) und medizinische Einrichtungen besucht. Wir haben uns auf eine Zusammenarbeit geeinigt, und in der nächsten Zeit werden wir unsere Datenbank vervollständigen und sie fangen mit der Kundensuche an.
– Wie habe Sie ihre zukünftigen Geschäftspartner in Russland gefunden?
– Mithilfe des Amtsmissbrauchs (lacht). Ich leite das russischsprachige Kultur– und Informationszentrum in Israel. Solche Organisationen, die die Auswanderer aus der ehemaligen UdSSR zusammenbringen, gibt es überall auf der Welt. Alle solche Organisationen pflegen enge Kontakte zum Moskauer Zentrum der Landsleute. Auch früher wurde ich von einigen Israelis (die nicht unbedingt aus der ehemaligen Sowjetunion kamen) gebeten, ihnen bei der Suche nach verlässlichen Kontakten in Russland zu helfen. Und zu den Aufgaben des Moskauer Zentrums zählen u.a. das Vorantreiben der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Beratungstätigkeit und das Anwerben von führenden Moskauer Firmen und Spezialisten. Bis zu meiner Ankunft bereiteten Consultants der LAKARUS GROUP eine Liste von vertrauenswürdigen Firmen vor, die sich bereit erklärten haben, mit uns zusammenzuarbeiten. Und das Wichtigste dabei war, dass ich in diesen Firmen bereits erwartet wurde, da ich ihnen als ein vertrauenswürdiger Geschäftspartner aus Israel empfohlen wurde.
– Es gibt zurzeit viele Reisebüros auf dem Markt…
– Wir haben uns auf die individuelle Betreuung spezialisiert. Je nach Kundenanfrage empfangen wir sie am Flughafen, organisieren einen VIP-Raum, bringen die Kunden zum Hotel oder zur Wohnung. Je nach Bedarf können wir unser Programm auch variieren. Wenn ein Kunde sich z.B. erkältet hat, fahren wir nicht in die Berge, sondern denken uns stattdessen etwas anderes aus und ändern die Route. Jeder hat seine eigenen Ansprüche. Wir bleiben bei unserem Kunden von seinem Antreffen bis zu seiner Abreise. Es gab da schon einige Situationen. Wir hatten mal ein Ehepaar mit Kind aus Sankt-Petersburg, und am vorletzten Tag wurde das dreijährige Mädchen krank. Dabei war nicht ganz klar, was sie hatte, da sie ungewöhnliche Krankheitssymptome aufwies (erst nach der ärztlichen Untersuchung und der Durchführung von medizinischen Tests wurde klar, dass sie einfach zu viel Sonne abbekommen hatte). Eine Krankenversicherung war natürlich vorhanden. Wir wandten uns ans Krankenhaus. Aber es stellte sich heraus, dass eine beträchtliche Summe Geld bereits am Tag der Einlieferung auf dem Versicherungskonto bereitzustellen war. Wir stellten den Kontakt zur Versicherungsgesellschaft her, aber da sagte man uns, dass wir zuerst an Ort und Stelle in Vorkasse gehen sollten. Nach Eingang der Zahlungsbestätigung bei der Versicherungsgesellschaft sollte dann die volle Summe dem Kunden nach seiner Rückkehr nach Russland erstattet werden. Meine Kunden aber hatten in den letzten Urlaubstagen nicht mehr genug Geld da, womit sie noch höchstens Duty Free-Waren hätten bezahlen können… Ich bot ihnen daraufhin meine Visa-Card an und bezahlte die Behandlung (auf dem Versicherungskonto sollten ca. 16 Tausend Schekel liegen, und die Gesamtbehandlung kostete dann im Endeffekt dreieinhalb Tausend Schekel, was ca. Eintausend US Dollar entspricht). Nach ihrer Rückkehr nach Sankt-Petersburg schickten mir die Kunden diese Summe, und etwas später haben sie mir telefonisch mitgeteilt, dass ihnen die volle Summe von der Versicherungsgesellschaft erstattet wurde. Aber bezahlen mussten sie eben gleich vor Ort.
Die Gäste wurden auch im heiligen Jordan getauft, an der Stelle, wo Johannes der Täufer Jesus taufte.
Interessant war auch eine Situation, in der Urlauber nach Tel-Aviv kamen, und man ihnen im Hotel davon überzeugt hat, dass sie unbedingt die Quellen des Königs Salomons im Norden besuchen sollten. Wir haben daraufhin unser Programm geändert, die Reise zu den Quellen organisiert, die Gäste wurde auch gleich im heiligen Jordan Fluss getauft, an der Stelle, wo Johannes der Täufer den Jesus taufte…All das übernehmen wir. Wir haben zwar noch keinen Kundenstrom, aber dafür bieten wir unseren Kunden Qualität, Verantwortung und – das Wichtigste – Anständigkeit.
– Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie heute in Ihrer Firma?
– Zwei. Übrigens, die Firma, in welcher ich davor als Ersatzfahrer tätig war, heißt „Panazea“. Vor 15 Jahren wurde sie von zwei Brüdern gegründet, die ein Auto kauften und so mit dieser Art von Geschäft anfingen. Heute haben sie viel Personal, Büros in Moskau und Israel und arbeiten zusammen mit führenden russischen Unternehmen…Wir haben unsere Vorbilder. Und einen neuen Mini-Van für den größeren Komfort meiner Kunden habe ich bereits besorgt.