Siegeswille
– Seit meiner Kindheit schwärme ich für Autos. Mit 18 nahm ich an meiner ersten Rallye teil, was zu meinem Life Style wurde. Es überrascht nicht, dass ich nach meinem Ingenieurstudium der Automechanik eine Transportfirma für Expresslieferungen gegründet habe.
Über RMServices
Von Rick Minne 2009 gegründet bietet RMServices Dienstleistungen im Bereich des Sport-Marketings, der Organisation von Unternehmensveranstaltungen, der Entwicklung von Motorsport-Unternehmen und des Motorsports als Ganzes. Die Unternehmung bietet seinen Firmenkunden eine Reihe von originellen Produkten an zur Förderung des Unternehmens und der Unternehmenskultur. Sie realisiert konkrete Projekte im Bereich PR und Team Building. Zu den Key Clients gehören große russische und internationale Firmen unterschiedlicher Profile, darunter auch Luxusartikelhersteller.
Einer meiner Kunden entschied sich 2007 zur Eröffnung seines Business in Russland. Ich kam mit ihm als sein Partner nach Moskau. Dann kam die Krise. Wir mussten zwei unserer Moskauer Geschäfte schließen. Ich habe dann zwei Jahre für eine Moskauer Transportfirma gearbeitet. Doch dann eröffnete ich mein eigenes Business. Ich begann mit dem Marketing für und der Organisation von Motorsport-Events. Zu dieser Zeit hatte ich bereits einige russische Freunde, ebenfalls Motorsportfans.
– War es schwer, Ihr Business in Moskau anzumelden?
– Unser Hauptsitz ist in Smolensk. In Moskau haben wir eine Repräsentanz. Smolensk ist sehr komfortabel gelegen, zwischen Lettland, Weißrussland und Moskau. Was die Firmengründung angeht, so war alles korrekt und schnell in drei Wochen geregelt.
Was die Firmengründung angeht, so war alles korrekt und schnell in drei Wochen geregelt.
– Welchen Eindruck hat auf Sie das russische Hinterland gemacht?
– Als ich das erste Mal nach Smolensk kam, hatte ich den Eindruck, dass die Zeit dort stehen geblieben war. Keine Staus, ganz im Gegensatz zu Moskau. Auf einem großen Platz standen nur drei Autobusse. Jetzt aber, nachdem große Investitionen in die Region geflossen sind, ändert sich alles sehr schnell.
Denis Levinski, PR-Direktor von Eventum Premo:
— In Russland beginnt man für alle Instrumente der Marketingkommunikation, darunter auch die Organisation von Events und PR, mit Europa und den USA aufzuschließen. Das Thema Autosport jedoch ist noch nicht hinreichend populär. So sehen wir beispielsweise, dass Volkswagen und Skoda bei Promotion- und Infoveranstaltungen zu Rallyes in Russland erheblich weniger Medienecho bekommen als im Westen. Doch gewinnt der Autosport in den letzten Jahren an Popularität. Die Nachfrage nach Verwendung dieses Themas im Marketing nimmt zu. Auf dem Markt sind nicht so viele Profis mit Ausrichtung Autosport unterwegs. Um ein hohes Veranstaltungsniveau und eine qualifizierte Technikexpertise sicherzustellen, werden gemischte Teams zusammengestellt aus Automobil-Gurus und Marketing-Profis.
Für die Gründung eines Start-ups in den Bereichen PR und Event-Organisation sind 5 Mio. EUR aufwärts notwendig. Diese Zahl enthält die Kosten für das Aufsetzen der Organisation, die Büromiete, die Anschaffung der Bürotechnik, Gehälter, Internetauftritt und die Durchführung von Werbeaktionen, um Kunden zu gewinnen.
Der Markt entwickelt sich dynamisch und verändert sich laufend. Allein in Moskau sind mehr als 1.000 Agenturen tätig. Wenn sich noch vor einigen Jahren jede Agentur mit allem beschäftigt hat, so haben sich jetzt starke Player herausgebildet mit klarer Business-Segmentierung nach HR-Events, MICE, Event-Marketing oder Team-Building. Dies erlaubt es den Kunden, sich an eine auf ihren Bedarf spezialisierte Agentur zu wenden.
Wir sind in Moskau aber auch in ganz Russland tätig. Wir haben eine Orientierungsrallye organisiert, Sprint-Wettkämpfe, Slaloms, haben Nachtrennen durchgeführt nach europäischem System. Dabei haben wir aktiv mit Einheiten der Freiwilligengesellschaft der Armee, der Luftwaffe und der Marine (DOSAAF) des Oblast zusammengearbeitet.
– Worin unterscheidet sich eine europäische von einer russischen Rallye?
– In Europa finden die Rennen in der Regel auf Asphalt, in Russland in Waldgelände statt. Im Westen beläuft sich die Vorbereitungszeit auf ein halbes bis ein Jahr. Man benötigt die Genehmigungen der Bürgermeister aller Städte, durch die die Rallye führt. Es sind Versicherungsfragen zu klären ebenso wie Fragen in Bezug auf Sicherheit. In Russland ist das alles viel einfacher.
– Worin liegen die Besonderheiten der russischen Kundschaft im Vergleich zum Westen?
– Für die Russen ist vieles noch neu. In Europa genießen Autorennen schon seit langem große Popularität. Es kommen viele, um sich an dem Spektakel zu erfreuen und live dabei zu sein. In Russland hat das Interesse für diese Sportart erst vor einigen Jahren angefangen zu wachsen, als Vitalij Petrov auf das Treppchen der prestigereichsten Klasse des Rennsports stieg, der Formel 1, und Jevgenij Novikov unter die besten drei der World Rallye Championship (WRC) kam. Was die Kunden selbst angeht, sind sie in Europa disziplinierter. In Russland kann es vorkommen, dass sich die Wettkampfzeiten mehrfach ändern.
Hinterm Steuer
– Wie hoch ist das Startgeld? Niedriger als in Europa?
– Sicher, in Europa ist das teurer. In Russland zahlt ein Team, das aus Pilot und Steuermann besteht, nur rund 5.000 Rubel.
– Sicherlich sind auch die Ausgaben, die bei der Organisation anfallen, geringer, oder?
– Im Westen ist eine kleine Rallye, also in der Größe, wie ich sie hier durchführe, etwa viermal so teuer. Dabei ist die Zusammensetzung der Teilneher ebenso breit wie im Westen: vom Manager und Ingenieur bis hin zum Journalisten und der Hausfrau. Die Autos hingegen sind anders, auch Eigenmontagen finden sich hier. Die Distanz ist dieselbe, 300 bis 400 Kilometer. Doch ist zurzeit in Europa wirtschaftlich gesehen alles nicht so rosig.
– Ist es lukrativer, sich mit diesem Business in Russland zu befassen?
– Sicher! Wir organisieren zurzeit für wohlhabende Kunden Rallyes für schnelle, teure Superautos wie von Ferrari oder Maserati. Start ist in Moskau, dann nach Smolensk, Pskov. Das Ziel liegt in Sankt Petersburg. Wir planen eine Fernsehreportage über die Rennen. An den Zwischenstationen finden Abendveranstaltungen statt zum Kennenlernen und Relaxen.
Im Westen ist eine kleine Rallye, also in der Größe, wie ich sie hier durchführe, etwa viermal so teuer.
Für Russland habe ich noch etwas Exklusives: den Corporate Driving Day. Die Unternehmen laden hierzu ihre Kunden oder Partner ein. Auf den Veranstaltungen haben sie Gelegenheit, Weltklassefahrer kennenzulernen. Nachdem die Gäste dann in einem Team mit den berühmten Piloten gefahren sind, dürfen sie sich danach selbst hinter das Steuer eines Sportwagens setzen. Eine selbst erschaffene Meisterklasse. Die Autos sind in den Firmenfarben gestrichen. Das ist eine sehr ungewöhnliche Art von Geschäft, aber: Es läuft.
– Welches Auto fahren sie selbst?
– Ich fahre einen Ford Fiesta ST. Er hat einen 2-Liter-Motor, speziell gefertigt für Rennen. Nach Russland wurden von diesen Autos etwa 100 geliefert, auf den Straßen unterwegs sind zur Zeit nicht mal mehr 20.
– Was sagen Sie zu russischen Autos?
– Mich hat der Lada Kalina überrascht. Er ist lange nicht mehr zu vergleichen mit dem Lada, der in der UdSSR hergestellt wurde. Wir haben über dieses Auto gewitzelt: „Es hat vier Pedale: Gas, Bremse, Kupplung und das vierte zum Aufpumpen des Airbags.“
Stanislav Korezki, Generaldirektor der Event-Agentur Citrus:
— Das Volumen des Moskauer Event-Marktes wurde im Rahmen einer Studie über BTL-Dienstleitungen geschätzt: ungefähr 160 Mio. US Dollar in 2010, 2012 etwa 300 Mio. US Dollar. Das Potenzial des Marktes, so schätzen Experten, liegt bei 700 Mio. US Dollar. Zu den Main Playern zählen die Agentur für Strategic Events „Podjozhiki“, die Firma Eventum Premo und die Partyagentur „Knjasev“. Im Vergleich mit dem westlichen Markt würde ich vermuten, dass es auf Ebene der Topagenturen es keinerlei Unterschiede in der Führung der Businesses gibt. Um auf den Markt zu treten, ist mindestens die Ausarbeitung eines Corporate Profile notwendig (Kosten: etwa 2.000 US Dollar aufwärts) und die Einrichtung einer Internetseite (3.000 US Dollar aufwärts). Dazu kommen dann noch Orga-Aufwendungen von mindestens 3.000 US Dollar.
– Russisch haben Sie wo gelernt?
– In Belgien habe ich eine Assistentin, die mir alles übersetzt. Aber ich bemühe mich, die Sprache zu meistern. An den Wochenenden fahre ich raus aus Moskau und unterhalte mich aktiv mit den Menschen dort.
– Wo ist es leichter, Sponsoren zu finden: in Russland oder im Westen?
– Im Westen ist es zurzeit wegen der Krise nicht einfach, Sponsoren und Kunden zu finden, die ins Sport-Marketing investieren möchten. In Russland besteht die Schwierigkeit in etwas anderem: Die Firmen sind noch nicht besonders vertraut mit dem Motorsport, den Klienten muss alles im Detail erklärt werden. Es ist hilfreich, dass Moskau das Businesszentrum von ganz Russland ist. Deshalb befinden sich hier die Hauptsitze vieler großer Unternehmen. Wir ziehen Kunden aus unterschiedlichen Industriesektoren an: Ölunternehmen, bekannte Marken der Sportwagenproduktion, sowie populäre Bekleidungsfirmen. Wir werben unmittelbar auf den Autos.
Es ist hilfreich, dass Moskau das Businesszentrum von ganz Russland ist. Deshalb befinden sich hier die Hauptsitze vieler großer Unternehmen.
– Wie schwierig war es mit den vermögenden Kunden, den Besitzern teurer Autos, eine gemeinsame Sprache zu finden?
– Ich hatte mit ihnen keinerlei Schwierigkeiten. Sie alle sind leidenschaftliche Automobilliebhaber, sodass wir vieles gemeinsam haben. Bemerkenswert ist jedoch etwas anderes: Die Russen glauben, dass eine Sache um so besser ist, je teurer sie ist. So habe ich beispielsweise vor kurzem Winterreifen für mein Auto gekauft, die 2.000 Rubel das Stück gekostet haben (etwa 40 EUR). Mein russischer Freund reagierte darauf so: „Was für eine Billigkeit!“ Er selbst hatte für jeden einzelnen Reifen 9.000 Rubel ausgegeben. Dabei unterscheiden sich diese Reifen in nichts von meinen weniger teuren.
– Was sagen Sie zur russischen Mentalität?
– Die Russen sind sehr offen und immer hilfsbereit. Wenn ich Fehler im Russischen mache, fängt keiner an zu lachen. Alle versuchen dezent, mich zu korrigieren. Ein herausragender Wesenszug der Russen ist ihre Gastfreundschaft, insbesondere im Hinterland. Vor einigen Jahren verschlug es mich zusammen mit dem Rallye-Team von Peugeot in das grenznahe Vyborg. Wir machten Halt in einem Dorf, und ein älteres Pärchen hat uns sofort bewirtet, als wären wir Verwandte. In Europa findet man so etwas nicht.
Einen Schritt voraus
– Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie zu kämpfen?
– Hier ändert sich ständig irgendetwas, sei es in der Gesetzgebung oder in der Rechnungslegung. Man kommt in eine Behörde und hört: „Es gibt einen neuen Erlass.“ Und am nächsten Tag gibt es dazu dann schon wieder irgendwelche Anpassungen. Ich habe eine dauernde Aufenthaltsgenehmigung. Ich muss jedoch jedes Jahr nachweisen, dass ich noch in Russland arbeite und ordentlich meine Steuern zahle.
– Wie viele Leute arbeiten in Ihrer Firma?
– Ich habe fünf feste Mitarbeiter, und wir nehmen dann noch Leute hinzu für bestimmte Projekte und Events.
– Wer sind Ihre Konkurrenten?
– Das ist ja der Punkt: In Russland haben wir keine. Ich bin mir aber sehr wohl dessen bewusst, dass sich das bald ändern wird. Wenn die Leute sehen, dass unser Business erfolgreich ist, wollen sie auch etwas in diese Richtung versuchen. Ich habe große Erfahrung im Bereich Motorsport, weshalb ich stets allen einen Schritt voraus sein werde.
Ich habe große Erfahrung im Bereich Motorsport, weshalb ich stets allen einen Schritt voraus sein werde.
– Haben Sie gelernt, mit den russischen Beamten umzugehen?
– Anfangs war es notwendig, wollte man zur Regionsregierung, dass man an zwei Dutzend russischer Beamter unterschiedlicher Dienstgrade vorbei musste. Jeder hatte seine eigene Meinung, jeder sagte, was man zu tun hätte und wie. Für Genehmigungen ging viel Zeit drauf. Aber jetzt, wenn ich ein Event organisiere, gehe ich direkt auf die Leitung zu und bekomme umgehend grünes Licht.
– Sind Ihre russischen Partner zuverlässig?
– Hängen lassen können einen sowohl russische als auch westliche Partner. Ich hatte Probleme mit einige Firmen. Sobald ich aber merkte, dass man mich über den Tisch ziehen wollte, habe ich die Zusammenarbeit sofort abgebrochen. Hier muss man sich auf seine Intuition verlassen.
– Was halten Sie von den russischen Straßen?
– Die Straßen sind wie sie sind. Einige Ausländer scherzen gern: „Nimm dich vor dem in Acht, der auf Russlands Straßen sicher geradeaus fahren kann. Das muss ein Betrunkener sein. Nur unter Strom kann man hier geradeaus fahren und nicht um die Hügelchen und Gräben herum.“ Doch das Problem liegt nicht in den Straßen, sondern bei den Fahrern, die auf ihnen Fahren.
– Die Fahrkultur unterscheidet sich von der westlichen?
– Oh, ja. Anfangs war ich noch überrascht. Als ich an einem Fußgängerübergang bremste, wurde ich sofort von hinten angehupt. Mir einen Vogel zeigend, fragte man mich, warum ich Trottel stehen bliebe. Aber auch das wandelt sich langsam zum Besseren.
– Was planen Sie zurzeit?
– Ich habe vor, aktiv mit einer großen russischen Firma zusammenzuarbeiten, die sich mit der Organisation von exklusiven Top-Events beschäftigt.
– Lohnt es sich, nach Moskau zu kommen, um dort sein Business zu eröffnen?
– Selbstredend! In Russland hat der Erfolg, der bereit ist, eine beliebige Herausforderung anzunehmen und sich ständig selbst zu verwirklichen. Aber was anderes kann denn im Leben interessanter sein als das?