Made in Italy
— Was haben Sie in Ihrer Heimat gemacht?
— In den letzten sieben Jahren war ich Manager in einer bekannten Weinbar im Zentrum von Sorrento. Meine Arbeit mit Menschen habe ich sehr gemocht, denn ich selbst bin ein sehr kommunikativer Mensch. Doch mir war bewusst, dass ich da keine Perspektive habe. Ich wollte einfach mehr, zum Beispiel mein eigenes Unternehmen gründen.
— Und das hat Sie nach Moskau geführt?
— Damals dachte ich nicht über Moskau nach, es war einfach zu weit weg. Aber dann kam alles zusammen – beruflich und privat. Zum einen kam die Krise, die Süditalien im Vergleich zu anderen Regionen am stärksten getroffen hat. Mir war klar, dass meine Bar nicht mehr lange durchhalten wird. Ich musste meine Träumereien aufgeben und endlich zum konkreten Handeln übergehen, das meine Zukunft sichern könnte. Und im privaten Bereich habe ich vor einigen Jahren in einem lokalen Internet-Forum ein Mädchen aus Russland kennengelernt. Sie schrieb, dass sie gerade Italienisch lernen würde. Es hat sich ein reger Internet-Kontakt entwickelt, und im Februar 2008 beschloss ich, nach Moskau zu reisen, um meine „Mailpartnerin“ persönlich kennen zu lernen. Ich hatte zwar etwas Angst vorm russischen Winter, aber der Februar ist bei uns in Bezug auf Tourismus ein „toter“ Monat, d.h. ich konnte ohne Weiteres meine Bar für einige Wochen allein lassen.
Über die Lieferanten des Unternehmens „Modabella“
Das im Jahre 2009 von Massimo Galano gegründete Unternehmen vertreibt in Moskau Kleidung und Accessoires aus Italien. Die Waren werden im „Centro Ingrosso e Sviluppo Campania” (Zentrum für Großhandel und Entwicklung in Campania) eingekauft. Es ist das europaweit größte Zentrum für Großhandel im Bereich der lokalen Industrie des Gebiets Campania und anderer südlich gelegener Städte Italiens. Es befindet sich in der Nähe der Stadt Nola, 25 km von Neapel entfernt. Es wurde 1986 eröffnet und besitzt eine Fläche von 100 ha, wo sich Büros und Lagerräume von mehr als 300 Handelsfirmen befinden. Die wichtigste Aufgabe des Zentrums ist die Einführung der lokalen Waren auf ausländischen Märkten, u.a. auch in Russland.
Dann besuchte sie mich in Italien, und wir stellten fest, dass wir neben bereits bestehenden Heiratsplänen auch andere gemeinsame Interessen haben. Sie hat nach über zehn Jahren im Angestelltenverhältnis als leitende Buchhalterin in einer Moskauer Firma darüber nachgedacht, sich selbstständig zu machen. Schnell haben wir verstanden, dass es für uns nicht möglich wäre, ein eigenes Business in Italien zu starten: Mein Startkapital war nicht besonders hoch, und es erwies sich als schwierig, einen guten Investor zu finden oder einen Kredit mit guten Konditionen zu bekommen. So haben wir beschlossen, einen Start-up in Moskau zu machen, und Anfang 2010 kam ich hierher.
— Haben Sie bereits damals gewusst, um welche Selbstständigkeit es sich handeln wird?
— Eigentlich wollten wir ein Reisebüro aufmachen, weil ich in dieser Branche einige Erfahrungen hatte. Doch bereits beim ersten Kennenlernen des russischen Touristik-Marktes stellte sich heraus, dass es zu viele sehr starke Spieler Richtung Italien gab. Für einen Businessstart brauchte man hohe Investitionen, über die ich damals nicht verfügte. So haben wir uns auf den Handel mit modischer italienischer Kleidung umgestellt.
Italienische Mode wurde in Russland immer hoch geschätzt, und Moskau ist mit seinen 15 Mio. Einwohnern ein riesiger Markt.
— Aber in Moskau gab es italienische Kleidung schon vor Ihnen…
— Wir mussten unsere eigene Nische finden, und das haben wir getan. Wir haben es den jungen Mädchen in Moskau ermöglicht, qualitative Kleidung aus Italien zu erschwinglichen Preisen zu bekommen. Es handelt sich dabei natürlich nicht um die weltbekannten Marken, sondern um Produkte von kleineren Firmen, die in Italien häufig anzutreffen sind. Es handelt sich um hochwertige und – was ganz wichtig ist – preiswerte Kleidung aus Italien. Diese Kombination bieten wir aus Prinzip an, weil wir gesehen haben, dass italienische Kleidung in Moskau oft vierfach so teuer verkauft wird als ihr eigentlicher Einkaufspreis.
Italienische Mode wurde in Russland immer hoch geschätzt, und Moskau ist mit seinen 15 Mio. Einwohnern ein riesiger Markt dar.
Die von uns ausgesuchte Nische hat uns auch das Finden von Lieferanten erleichtert. Denn ehrlich gesagt herrscht in Italien immer noch die Meinung, dass moderne Russen (die sogenannten „Neurussen“) sehr reiche Menschen sind, die ihr Geld zum Fenster hinauswerfen können und ihre Kleidung nur in teuren Boutiquen kaufen. Deswegen betrachten die kleineren Produzenten aus Italien den russischen Markt als etwas ganz weit Entferntes und Irreales. Und genau diese Situation wollten wir ändern.
— Wie haben Sie Ihre Lieferanten gefunden?
— Ich habe den Ratschlag meiner Bekannten befolgt und bin nach Nola, eine kleine Stadt in der Nähe von Neapel, gereist. Dort wurde ein riesiges Zentrum für Großhandel eröffnet, wo über 300 Firmen ihre Waren anbieten, die in der Region Campania hergestellt werden. Dieses Zentrum wurde speziell errichtet, um den Export von lokalen Erzeugnissen zu stimulieren. Deswegen war es nur logisch, dass ich dahin kam. Die Verhandlungen mit den Firmen waren langwierig und schwierig, obwohl fast alle Firmen ein gewisses Interesse gegenüber dem russischen Markt zeigten. Doch man muss sich mit den italienischen mittelständischen Geschäftsleuten auskennen: Sie sind sehr vorsichtig, und bei einer schwachen Konjunktur ziehen sie es vor, zu warten, bis sie ganz sicher sind, dass das neue Businessprojekt zuverlässig ist und mehr Gewinne als Risiken verspricht. Man kann den Start eines Businessprojekts mit der Geburt eines Babys vergleichen: Beide sind am Anfang klein, nackt und hilflos. Wir haben ein Zimmer in der Nähe von der Metrostation Nowokusnetskaja gemietet, das kaum geheizt wurde. Dort haben wir unsere ersten Muster aus Italien gelagert und unsere ersten Kunden empfangen.
Natalia Balova, Gründerin des Internetshops für Kontaktlinsen und Pflegemittel www.linzmart.ru:
— Für die Mehrheit der Russen scheinen die Begriffe „italienische Mode“ und „günstige Kleidung“ unvereinbar, und im Internet wird in der Regel chinesische Massenware angeboten. Nun aber ist Kleidung europäischer Qualität zu durchaus erschwinglichen Preisen aufgetaucht, die man, Dank Internetshops, nicht nur in Moskau bekommen kann. Spricht man über den Internethandel in Russland, so hat man in der Regel ein Geschäft vor Augen, das keine Offline-Repräsentanz hat. Häufig ist noch nicht einmal ein Büro erforderlich. In solch ein Business kann man natürlich unter bestimmten Umständen schon mit 20.000 Rubel einsteigen. Das reicht für eine einfache Seite mit kostenloser Engine und erste Werbemaßnahmen. Zum Vergleich: Mein Internet-Business hat mich 2008 200.000 Rubel gekostet. Demgegenüber hat Herr Galano einen Show-Room im Zentrum Moskaus, also einen regulären Geschäftsort, ein Geschäft für Einzelhandels- und Großkunden von Damenbekleidung.
Richtig ist die Orientierung von Galano in Richtung Regionen. Ihre Kaufkraft lässt sich nicht mit der Moskaus vergleichen, jedoch ist auch die Konkurrenz sehr viel niedriger. Ich glaube, dass eben die Kunden aus diesen Regionen, einschließlich der Großkunden, seinem Geschäft sehr bald einen bedeutenden Gewinn bescheren werden.
— Wie hoch waren dabei Ihre Gesamtausgaben, für dieses eine Zimmer und alles andere?
— Unser Businessstart kostete uns ca. 30.000 Euro.
— Mit welchen organisatorischen Problemen hatten Sie dabei zu kämpfen?
— Ich kann mich nicht an irgendwelche bestimmten organisatorischen Probleme erinnern. Die bestellten Waren werden innerhalb von 10 bis 12 Tagen von einer großen Transport- und Speditionsfirma aus Italien geliefert. Diese übernimmt auch die Vorbereitung aller notwendigen Dokumente und die Warenverzollung. Meine Frau ist verantwortlich für Buchhaltung und Steuern, weil sie eine erfahrene Buchhalterin ist. Ein bekannter Webdesigner hat uns für wenig Geld unsere Internetseite eingerichtet. Später haben wir uns an eine professionelle Webdesign-Agentur gewandt und unsere Seite komplett verändern lassen. Heute wird unsere Seite von dieser Agentur verwaltet: Sie erneuert in unserem Auftrag die Inhalte und Fotos auf unserer Seite.
— Und wie viel bezahlen Sie der Agentur dafür?
— Im Schnitt sind es 20.000 Rubel pro Monat.
— Wie viel Zeit haben Sie in Ihrem Zimmerchen verbracht?
— Nicht lang. Bald darauf haben wir ein Büro mitsamt Show-Raum im Zentrum Moskaus, in der Nähe von der Metrostation Kitaj-gorod gemietet. Heute befindet sich unser Büro in der Nähe von der Metrostation Dobryninskaja. Dort sind es nur 20 m2 und wir bezahlen dafür nach Moskauer Maßstäben eine lächerliche Summe von nur 17.000 Rubel pro Monat. Wir versuchen, unsere Zusatzausgaben zu minimieren, um mehr in unsere neuen Kollektionen und in die Erweiterung unseres Angebots investieren zu könnenа.
Nicht nur Moskau
— Viele Ihrer Kollegen beklagen sich über die unbesiegbare russische Bürokratie…
— Davon gibt es hier in der Tat genug. Aber ich glaube, dass in diesem Aspekt unsere beiden Länder sehr ähnlich sind. In Italien und in Russland ist man gewohnt, alles zu verkomplizieren. Doch zum Schluss findet sich doch eine Lösung.
In Italien und in Russland ist man es gewohnt, alles zu verkomplizieren. Aber zum Schluss findet sich dann doch eine Lösung.
— Auch mithilfe von Schmiergeldern?
— Bisher haben wir ganz ohne auskommen können. Obwohl man die hiesige Korruption nicht abstreiten kann. Ohne bestimmte Namen zu erwähnen, kann ich Ihnen über Folgendes berichten: Einmal wurden wir ohne Grund ganz unvorbereitet kontrolliert. Zum Glück gab es dabei keine Probleme, man fand keine Mängel. Später habe ich aber erfahren, dass diese Kontrolle nicht zufällig war und von einem unserer Konkurrenten organisiert wurde. Aber auch in Italien könnte sich so etwas ereignen.
— Auf Ihrer Internetseite findet man über 300 Fotos mit verschiedenen Modellen der Kleidungsstücke: Von Hemden und Tops bis hin zu Accessoires. Haben Sie all diese Waren hier, in Moskau?
— Natürlich haben wir die Waren, die wir im Internet anpreisen, auch hier im Laden. Die Moskauer haben die Möglichkeit, unsere Waren nicht nur übers Internet zu bestellen und diese innerhalb von einem bis zwei Tagen nach Hause geliefert zu bekommen, sondern auch zu uns in den Laden in unseren Show-Room zu kommen und die Waren live zu erleben. Dies spielt besonders für unsere Großeinkäufer eine wichtige Rolle.
— Haben Sie sich für das Internet als zusätzliche Verkaufsplattform aus wirtschaftlichen Gründen entschieden?
— Ja, zum Teil. Aber auch deswegen, weil wir mithilfe des Internets neue Kunden in fast allen Regionen Russlands erreichen können.
Sergej Chitrov, Senior Analyst, Leiter Forschungsprojekte bei RBK.research:
— Kleidung, Schuhe und Accessoires sind die klassischen FMCG-Waren, gleichzeitig zeichnet sich ihre Produktion als äußerst wichtiges Element in der Imagebildung aus. Viele Leute sind bereit, sehr viel für Kleidung auszugeben und viel Zeit zu verbringen mit der Suche nach interessanten Modellen, wobei sie häufig Impulskäufe tätigen. Für den Erfolg des Internethandels mit Kleidung waren gleichzeitig mehrere Faktoren förderlich: Erstens, waren dies die signifikanten Investitionen und der intensive Wunsch der Player, sich in diesem schwierigen Segment zu entwickeln. Der zweite wichtige Grund für die wachsende Popularität des Internethandels war das recht spärliche Sortiment an Fashion-Produkten im üblichen Offline-Einzelhandel. Und schließlich, drittens, erwies sich der Kaufprozess von Mode im Internet sehr bequem für die Kunden. Gemäß Daten von RBK.research erreichte das Volumen des Fashion-Segments im Internethandel 73,7 Milliarden Rubel (im Vorjahr waren es 51,8 Milliarden Rubel). Auf Moskau entfallen davon 24,6% oder 18,1 Milliarden Rubel.
Es ist offensichtlich, dass im Umfeld eines so überraschenden Wachstums der Markt für Internethandel für Investitionen sehr attraktiv ist. In den letzten ein bis anderthalb Jahren wurden allein in das Internetprojekt Lamoda ungefähr 200 Millionen US Dollar eingebracht. In 2012/13 konnte einer der größten Player im Markt, KupiVIP, ungefähr 60 Millionen US Dollar anziehen. In diesem Umfeld steigt der Einstiegspreis für neue Player. Nach Auswertungen von RBK.research sind heute für den Markteintritt nicht weniger als 30-50 Millionen US Dollar notwendig, wovon zwei Drittel auf die Schaffung und Optimierung des Logistiksystems zwischen Lieferanten und Käufer entfallen. Jedoch verbleiben für Nischenprojekte noch immer Möglichkeiten, für die das Budget natürlich dann erheblich kleiner ausfallen kann.
— Haben Sie viele Kunden in den Regionen?
— Die Moskauer sind natürlich im Überhang. Aber mit der Zeit kriegen wir immer mehr Bestellungen aus den Regionen: aus Südrussland, aus Rostow, aus Sotchi usw. Außerdem haben wir auch einige Kunden in Samara, Novosibirsk und Ufa. Dort ist es noch nicht so einfach wie in Moskau, italienische Waren zu bekommen.
— Und wie bekommen die Kunden aus den Regionen ihre Waren?
— Per Post. Wir verschicken die Waren als ein Paket erster Klasse. Die Bezahlung erfolgt erst nach Empfang der Waren.
— Und wenn zum Beispiel einem die Größe des nach einer Abbildung bestellten Kleides nicht passt oder es einfach nicht gefällt?
— Das ist kein Problem. Unser Alleinstellungsmerkmal besteht u.a. auch darin, dass wir unsere Kundenbeziehungen nach italienischer Art, d.h. fast familiär, gestalten. Wenn die Ware nicht passt oder nicht gefällt, hat der Kunde die Möglichkeit, diese innerhalb einer bestimmten Frist an uns zurückzusenden. Daraufhin tauschen wir die Ware um oder erstatten die bereits bezahlte Geldsumme. Deswegen behalten wir unsere Kunden in der Regel auch im Falle einer Warenrückgabe.
— Bedeutet das, dass Sie sich immer stärker an die Kunden aus den Regionen orientieren?
— Es ist ein notwendiger Prozess. Moskau stellt zwar einen riesigen Markt dar. Dieser bringt aber auch eine sehr starke Konkurrenz mit sich. Wenn ich heute zu meinem potentiellen Kunden komme und meine Waren für seinen Laden anbiete, kriege ich oft als Antwort zu hören: „Verzeihen Sie, aber Sie sind bereits der zehnte Italiener, der mir dieses Angebot macht.“ Daher denke ich, dass russische Regionen speziell für uns Kleinunternehmer vom größten kommerziellen Interesse sind. Und meine Aufgabe ist es, einen Link zwischen den italienischen Herstellern und den Vertretern des russischen Einzelhandels zu schaffen. Innerhalb der letzten paar Jahre haben wir bereits viele von diesen Vertretern gefunden. Sie sind zwar nicht so groß, aber sie haben ihre eigenen Läden in Omsk, Nowokusnezk und in anderen Städten Russlands. Natürlich haben wir vor, dieses Netzwerk auch noch weiter auszubauen. Doch dafür brauchen wir eine noch aktivere Unterstützung vonseiten der italienischen Lieferanten. Ich trete ständig mit ihnen in Verhandlungen, doch in Bezug auf weit gelegene Regionen Russlands sie sind noch sehr vorsichtig. Moskau ist für sie verständlich und bequem, vor allem hinsichtlich der Logistik.
— Zu welchen Bedingungen arbeiten Sie mit den russischen Großhändlern zusammen?
Wir gestalten unsere Kundenbeziehungen nach italienischer Art, d.h. fast familiär.
— Für sie haben wir ein spezielles Angebot zusammengestellt: Sie bezahlen uns 30% von der Gesamtsumme im Voraus und den Rest erst beim Empfang der Ware. Die von ihnen bestellte Ware wird dann an sie direkt aus Italien geliefert.
Ein untypischer Unternehmer
— Können Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen einen Ratschlag für diejenigen geben, die vorhaben, es Ihnen nachzumachen?
— Ich halte mich für einen eher untypischen italienischen Unternehmer in Moskau: Ich habe kein Großunternehmen und keine Partner-Firma, die mich auf dem lokalen Markt unterstützen würde. Ich handle ganz selbstständig. Und ich gebe zu: Ich bin stolz darauf, von Null auf angefangen zu haben und so erfolgreich zu sein. Deswegen möchte ich alle, die ihr Business in Moskau starten wollen, gleich warnen: Sie werden hier keine einfache Zeit haben. Sie müssen an Ihren Erfolg glauben und niemals vergessen: Wenn Sie sich nur kurz entspannen, können Sie alles verlieren.
Ich handle ganz selbstständig. Und ich gebe zu: Ich bin stolz darauf, von Null auf angefangen zu haben und so erfolgreich zu sein.
— Sie sind bereits seit vier Jahren in Moskau. Wie fühlen Sie sich hier?
— Ziemlich gut. Ich mag Moskau. Ich mag seine Dynamik, seine Nachtlichter und das kulturelle Erbe der russischen Hauptstadt. Mir gefällt auch die Möglichkeit, aus einer überfüllten Metrobahn auszusteigen und in aller Ruhe durch irgendwelche malerischen Gegenden zu schlendern. Ich liebe es, in der Nähe des Nowodewitschi-Klosters spazieren zu gehen, weil es nicht weit weg von meinem Zuhause ist.
— Fahren Sie in der Stadt mit der Metro?
— Sowohl mit der Metro als auch mit dem Auto. Die Autofahrt durch Moskau ist immer ein großes Abenteuer, weil man nie weiß, was dabei passiert. Aus eigener Erfahrung und auch aus der Erfahrung meiner Freunde kann ich mit Sicherheit behaupten, dass das hiesige Autofahren ein riesiger Stress für einen hier lebenden Italiener ist.
— Verzeihen Sie die Anmerkung, aber bei Ihnen in Neapel kommt es auch zu heftigen Staus…
— Bei uns sind die Autofahrer aber in der Regel diszipliniert. Allerdings habe ich mich an die Moskauer Art des Autofahrens bereits gewöhnt, und beim Fahren versuche ich, alles mit Humor zu sehen.
— Und was gefällt Ihnen hier nicht besonders gut?
— Das unglaublich teure Leben hier. Ich komme aus einer Region, wo eine Durchschnittsfamilie mit einem Budget von 1.000 Euro pro Monat es sich leisten kann, nicht nur zuhause lecker und qualitativ zu essen, sondern mindestens einmal in der Woche mit Freunden eine Pizzeria aufzusuchen. Dies gehört zu den wenigen kleinen Freuden, die unser alltägliches Leben bunter und schöner machen. In Moskau kann man sich mit dieser Summe so etwas nicht leisten. Hier muss man viel mehr verdienen.
— Haben Sie manchmal Heimweh?
— Nein, denn ich fahre regelmäßig nach Italien. Die Kleidungskollektionen wechseln ständig, und man muss diesen Wechsel sehr genau verfolgen, passende Kleidung auswählen, bestimmte Konditionen aushandeln, oft selbst die ausgesuchten Muster abfotografieren, um diese gleich in unseren Katalog aufnehmen zu können, und die ausgewählte Kleidung auch manchmal selbst hierher bringen. Für uns ist ein schneller Warenumsatz besonders wichtig, weil wir es uns nicht leisten können, „Ladenhüter“ zu lange aufzubewahren.
— Wie sehen Ihre Pläne für die nächste Zukunft aus?
— Wenn wir es schaffen sollten, bis zum Frühling 2014 unser Wachstumstempo beizubehalten, werden wir im nächsten Schritt versuchen das nächst höhere Preissegment zu integrieren und neue Warenmarken in unsere Kollektion aufnehmen. Unser Ziel ist es, unser Unternehmen zu stärken und weiter zu expandieren. Und momentan scheint das ganz gut zu klappen.