Pech bedeutet nicht gleich Verlust
– Maciej, wieso sind Sie in Moskau und welche Dienstleistungen genau bietet Ihre Firma in Russland an?
Wir betreuen unsere Kunden im Falle des Verlustes von Wertsachen oder Papieren. Sie fahren zum Beispiel in den Urlaub und verlieren dort Ihre Geldbörse mit allen Kreditkarten und sitzen ohne Geld da. Was macht mySafety in diesem Fall? Nach Ihrem Telefonanruf in unserem Call-Center werden alle Ihre Kreditkarten von unseren Mitarbeitern gesperrt. Anfang 2012 werden wir auch in Russland unseren Notfall-Service ICE anbieten, damit unsere Kunden ihren Urlaub oder ihre Dienstreise bis zum Schluss sicher genießen können.
Weitere Dienstleistungen bietet unsere Firma in den Fällen von beispielsweise Personalausweis-, Gepäck– oder Wohnungsschlüsselverlust. Die Kunden von mySafety haben von vornherein die Möglichkeit, alle ihre Wertsachen und -gegenstände auf eine spezielle Art und Weise markieren zu lassen. Auf den Klebemarkern steht, dass der Finder des verlorenen Gegenstandes einen Finderlohn erhält. Dafür sollte der Finder die auf dem Aufkleber ausgewiesene Rufnummer wählen. Unser Kurier wird die Fundsache bei ihm abholen und ihm seinen Finderlohn an jedem beliebigen Ort der Welt aushändigen. Der Kunde bekommt danach in kürzester Zeit seinen wiedergefundenen Gegenstand von uns zurück, unabhängig davon, wo er sich zu diesem Zeitpunkt befinden mag.
– Das ist aber ein interessantes Konzept!
– Die Idee ist gar nicht neu. Ein Service des Typs „personal assistance“ – Betreuung in Notfällen – ist auf der ganzen Welt verbreitet, nach Russland kam das etwas verspätet. In der Schweiz wird zum Beispiel so ein Service im Bereich der Rückgabe von verlorenen Schlüsseln bereits seit 1954 angeboten.
– Und welchen Service bieten Sie in Russland an?
– Den besten, den wir zurzeit haben: von der Möglichkeit einer Schlüsselrückgabe bis hin zu, was wir zum Beispiel seit kurzem anbieten, einen Kinder-Personenschutz und einen Service im Bereich Rückführung von Haustieren.
Ein Service des Typs „personal assistance“ ist auf der ganzen Welt verbreitet, nach Russland kam das etwas verspätet.
– Und wo finden Sie Ihre Kunden?
– Überall, wo auch unsere Geschäftspartner sind. Zu diesen zählen heute die Banken „Alfabank“, „Rosbank“, „Moskomprivatbank“, „Perwyj respublikanskij bank“, die Handelsketten „Swjasnoj“, „Eldorado“ und „Technosila“ sowie eine Reisebürokette „Gorjatschie tury“ (Last Minute Touren). Unsere Kunden sind also dort, wo man Kreditkarten erhält, die verloren gehen können, und wo man Wertsachen wie zum Beispiel Mobiltelefone, Notebooks und anderes Equipment erwirbt, welches einer besonders sorgsamen Behandlung bedarf. Zu unseren Kunden zählt auch der Laden „Sekundotschka“ (Sekündchen), das sich auf die Express-Herstellung von Schlüsseln spezialisiert hat. Das alles sind Geschäftspartner von uns. Zurzeit laufen die Verhandlungen mit einem potentiellen Geschäftspartner, der zu den drei bekanntesten Mobilfunknetz-Providern Russlands zählt.
Mütter und Väter können jetzt beruhigt sein
– Wie sieht bei Ihnen der Personenschutz von Kindern aus?
Das Kind bekommt von uns ein buntes antiallergisches Silikonarmband – alle Kinder sind davon begeistert. Auf dem Armband steht auf Russisch: „Ich habe mich verlaufen“ usw. sowie eine Telefonnummer und die persönliche Identifikationsnummer des Kindes. Auf der Rückseite des Armbands steht die gleiche Information noch einmal auf Englisch.
Wir bieten unseren Kunden Gelassenheit.
– Alles Geniale ist einfach! Und wie viele Kinder in Russland werden von Ihnen bereits auf diese Weise abgesichert?
– Einige Tausend. Dieses Produkt ist noch ganz neu, erst seit ein paar Monaten auf dem russischen Markt. Das Produkt funktioniert ganz einfach: Eine Familie, die zum Beispiel vorhat, in den Urlaub zu fahren, hat davor die Möglichkeit, auf unserer Internet-Seite ihre Daten zu hinterlassen – wann und wo genau sie hinfährt, in welchem Hotel sie bleibt usw. In einem Ernstfall, wenn das Kind zur Polizei oder in die Notaufnahme kommt, erfahren diese von unserem englischsprechenden Mitarbeiter, wie das Kind heißt, wie alt es ist, die Blutgruppe des Kindes, den Namen des Hotels usw.
Es ist einleuchtend, dass Mütter und Väter, die sich über die Sicherheit ihres Sprösslings Gedanken machen, mit so einem Service gelassener sein können. Diese Gelassenheit bieten wir unseren Kunden.
– Wie teuer ist diese Dienstleistung?
– 500 Rubel pro Jahr.
Was, wie teuer, wozu und weshalb
– Wie teuer ist zum Beispiel eine Schlüssel-Versicherung?
– Die Jahresversicherung von jedem Gegenstand kostet 400 Rubel. Je mehr Gegenstände im Paket sind, desto günstiger wird es insgesamt. So kostet zum Beispiel der Versicherungsschutz für Schlüssel, Personalausweis und Mobiltelefon zusammen 800 Rubel pro Jahr.
– Hängt denn der Preis von der Größe des Gegenstands ab? Wie teuer ist es, ein Notebook bei Ihnen versichern zu lassen?
– Für Notebooks gelten besondere Paketpreise – die kosten 1.000 Rubel pro Jahr.
Dank der kleinen Aufkleber, mit denen MySafety seine Kunden versorgt, haben unsere Kunden unsere Hotline-Nummer immer parat.
– Und wie läuft es mit den Kreditkarten ab? Bestehen denn die Banken darauf, dass diese an sie zurückgegeben werden?
– Wir helfen unseren Kunden in Notsituationen. Auf jeder Kreditkarte steht eigentlich die Telefonnummer des jeweiligen Kreditinstituts, aber nur die wenigsten Kunden übertragen diese wichtige Nummer in ihr Notizbuch oder speichern diese in ihrem Mobiltelefon ab. Daher weiß der Kunde beim Verlust der Kreditkarte oft nicht, wo er diesen melden soll. MySafety versorgt ihre Kunden mit zusätzlichen Aufklebern, und die Kunden haben dann unsere Hotline-Nummer immer parat. Einer von diesen Aufklebern befindet sich zum Beispiel auf der Rückseite der Armbanduhr.
– Wie hoch ist bei Ihnen der Finderlohn?
– Bei uns gibt es feste Finderlohntarife. Für Schlüssel bekommt der Finder 200 Rubel, für ein Telefon – 600 Rubel und für gefundene Papiere – 800 Rubel Finderlohn. Wir feilschen grundsätzlich nicht. Denn wenn wir unseren Finderlohn auf 2.000 oder 3.000 Rubel anheben, könnte diese Belohnung zum Anreiz für Schwindler und Diebe werden.
– Aber was haben zum Beispiel die Banken davon, wenn sie mit Ihnen zusammenarbeiten?
– Zum einen können sie dadurch ihren Kunden viel besser in einer Notsituation helfen. Wir sind ein kundenorientiertes Unternehmen. Unsere Unternehmensstrategie besteht darin, den Menschen, unseren Kunden, zu helfen.
Zum anderen kann eine Bank ihren Kunden auf diese Weise ein zusätzliches Produkt anbieten und dabei etwas dazuverdienen. So kostet zum Beispiel das Paket für eine Haftungsbegrenzung bei einem Betrugsfall ca. 40 US Dollar im Jahr.
– Und was bringt die Zusammenarbeit mit Ihnen den Mobilfunknetzanbietern?
– Wir bieten ihren Kunden die Möglichkeit, das verloren gegangene Handy zurück zu bekommen. Das ist ein Service, der von uns zusätzlich zum üblichen Service der SIM-Karten-Sperrung angeboten wird. Die Treue der Kunden gegenüber ihrem Mobilfunknetzanbieter nimmt zu, denn der Kunde behält nicht nur das Gesprächsguthaben auf seinem Guthabenkonto, sondern bekommt auch die Möglichkeit, sein Telefon zurück zu bekommen!
Nach unserer Erfahrung werden von 100 verloren gegangenen Mobiltelefonen zwischen 35 und 40 Telefone ihren Besitzern zurück gegeben. Die Finder sind in der Regel ehrliche Menschen.
Die Fragen beantwortet Andrej Rostowzew, Geschäftsführer von mySafety in Russland.
– Wie viele Mitarbeiter sind in der russischen Filiale mySafety beschäftigt?
– Etwa 20 Mitarbeiter.
– Nur? Für ganz Russland?
– Ja, denn wir verfolgen eine Outsourcing-Strategie. Wir gliedern fast alle Betriebsfunktionen aus und sind selbst nur für das operationelle Geschäft und die Organisation verantwortlich. Außerdem haben wir ein Callcenter, dass 24 Stunden, sieben Tage die Woche besetzt ist.
– Und wie funktioniert zum Beispiel die Rückgabe der Fundsachen an ihre Besitzer?
– Wir haben mit zwei großen Kurierdiensten „Sest Express“ und „SPSR Express“, die in ganz Russland tätig sind, Verträge abgeschlossen.
– Und wie hoch sind Umsatz und Rendite des Unternehmens in Russland?
– Unser Umsatz beläuft sich auf ca. 20 Mio. US Dollar pro Jahr. Die Rendite liegt bei ca. 20%. Der Rentabilität nach liegt Russland gleich hinter der Schweiz auf dem zweiten Platz. Hier spielt natürlich das Bevölkerungspotential Russlands eine große Rolle.
Aber nicht nur wir profitieren davon. Wir haben zwar keine öffentlich zugängliche Statistik, aber die englische Bank BARCLAYS hat in den Jahren 2003 und 2004 eine Information herausgegeben, dass die Assistance-Dienstleistungen, die sie an ihre Kunden verkauft, ihrer Rentabilität nach an zweiter Stelle nach den typischen Produkten eines Kreditinstituts stehen. Der Assistance-Service eignet sich als Produkt sehr gut für die Markteinführung, denn es verkauft sich leicht. Und das Wichtigste dabei ist, dass dieses Produkt den Menschen in Not tatsächlich helfen kann.
Der Erfolg ist mit den Hartnäckigen
– Wie viele Kunden haben Sie weltweit und wie viele in Russland?
– In Russland hat unser Unternehmen bereits ca. 2,2 Mio. Kunden, die innerhalb von fünfeinhalb Jahren gewonnen wurden! Dabei zählen zu den Aktiven – das sind die Kunden, die unser Serviceangebot regulär und längerfristig nutzen – ca. 1,5 Mio. Menschen.
In der Schweiz haben wir ca. 1,5 Mio. Kunden. Wenn man dabei berücksichtigt, dass in der Schweiz insgesamt ca. 9 Mio. Menschen leben, kann man hier von einer sehr starken Durchdringung sprechen. Da das Land so klein ist, arbeitet man dort ohne Partner, ganz selbstständig auf der Basis, die bereits da ist, plus Neugeschäft. Auf den Messen und Werbeshows verteilen wir an unsere potentielle Kundschaft kleine Werbegeschenke wie zum Beispiel Schlüsselanhänger, im Gegenzug bekommen wir die Nummer ihres Handys und ihre E-Mail-Adresse. Der Kunde kriegt unser Serviceangebot die ersten drei Monate kostenlos. Nach Ablauf der drei Monate melden wir uns wieder bei ihm und bieten ihm an, unser Serviceangebot auch weiterhin in Anspruch zu nehmen, nun allerdings nicht mehr kostenlos. In der Regel nehmen 25% der Kunden unser Angebot an. Nach Ablauf der nächsten drei Monate melden wir uns bei den potentiellen Kunden erneut … Auf diese Art und Weise wächst unser Kundenstamm.
– Was verlieren Ihre Kunden am häufigsten?
– Ihre Schlüssel. Das betrifft etwa 80% unserer Kunden.
In Russland hat unser Unternehmen bereits ca. 2,2 Mio. Kunden, die innerhalb von fünfeinhalb Jahren gewonnen wurden!
– Und wie viele Schlüssel werden gefunden?
– Im Durchschnitt sind es neun von zehn Schlüsseln. Die kann ja sonst keiner gebrauchen.
– Und wie sieht es mit anderen Fundsachen aus?
– Bei Schlüsseln und Papieren lässt sich eine sehr gute Rückgabequote beobachten, bei Mobiltelefonen ist sie niedriger: Fast 100% der verloren gegangenen Papiere und nur 35% der verloren gegangenen Mobiltelefone werden zurück gebracht. Im letzten Jahr haben wir ca. 10.000 verloren gegangene Gegenstände an unsere Kunden zurück gegeben. Von diesen 10.000 sind fast 5.500 Schlüssel; der Rest besteht fast ausschließlich aus Mobiltelefonen und Papieren.