– Die Schwierigkeiten fangen bereits bei der Wahl der Unternehmensform an, – meint Iwan Medwedjew. Welche Unternehmensform sollte es werden – eine Filiale der Firma oder eine neue juristische Person, die in Russland angemeldet wird? Ich würde eher zur Gründung einer selbständigen juristischen Person in Russland raten, die eine Tochtergesellschaft des ausländischen Mutterkonzerns ist. In diesem Fall gehört das Unternehmen zu den vollwertigen Marktteilnehmern in Russland.
Ein weiteres Problem stellt die Art der Finanzierung des ausländischen Unternehmens dar. Weit verbreitet ist das Einbringen von Geldmitteln in das Grundkapital der Gesellschaft. In Falle von Einflüssen höherer Gewalt kann aber ein ausländischer Unternehmer nur schwer seine Geldanteile wiederbekommen. Alle Investitionen werden in die Produktionsanlagen gesteckt, daher müsste man im Rahmen der Liquidation diese Anlagen entweder verkaufen oder das Unternehmen als Ganzes veräußern. Aber auch von der Variante einer unentgeltlichen Unterstützung ist abzuraten: Diese Investitionen kriegt man nicht mehr zurück.
Am besten eignet sich hierfür nach Meinung von Iwan Medwedjew eine Darlehensvergabe. Der ausländische Unternehmensgründer gewährt seiner russischen Tochtergesellschaft eine Kreditlinie. Somit können die Geldmittel problemlos zu– und abgeführt werden. Im Falle der Unternehmensliquidation gehen alle zur Verfügung gestellten Geldmittel in die Insolvenzmasse über.
Weitere Fragen kommen auch im Laufe der Unternehmenstätigkeit auf. Die erste und wichtigste Frage ist die nach der Organisation einer qualitativen Steuer– und Finanzbuchhaltung. Das Thema der Steuerbuchhaltung ist sehr weitläufig und soll an dieser Stelle daher außen vor gelassen werden. Über die Spezifik der Finanzbuchhaltung erörtert Iwan Medwedjew Folgendes.
Das einfache Einbringen von Geldmitteln in das Grundkapital ist problematisch: Bei Ereignissen höherer Gewalt sind diese kaum wiederbringlich.
Entsprechend der Gesetzgebung der Russischen Föderation ist das Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns verpflichtet, seine Geschäftsberichte und Abschlüsse nach den Regeln der RSBU (=Russische Rechnungslegungsstandards) vorzulegen. Außerdem dürfen die Filialen und Repräsentanzen von ausländischen Unternehmen in Russland ihre Geschäftsberichte eigentlich auch nach den Regeln des Heimatlandes des ausländischen Mutterkonzerns verfassen, wenn diese den Regeln der Internationalen Rechnungslegungsstandards (=IFRS), die durch das Internationale Rechnungslegungsstandardkomitee (=IASB) festgelegt wurden, nicht widersprechen.
Aber in der Praxis zeigt sich, dass die Prüfungsbehörden der Russischen Föderation mit den Finanzberichten, die nach gemäß IFRS erstellt wurden, häufig nicht einverstanden sind. Die russische Steuerprüfungsbehörde verlangt, dass man nur Geschäftsberichte vorlegt, die nach den Regeln der RSBU verfasst wurden. Diese Situation bringt internationale Inverstoren häufig in Schwierigkeiten, da sie dann mehrere Exemplare der Geschäftsberichte vorbereiten müssen, die jeweils nach unterschiedlichen Regeln erstellt wurden. Dies bringt einen erhöhten Erstellungsaufwand mit sich.
Ein weiteres Problem stellen die ständigen Veränderungen in der russischen Gesetzgebung dar. Die Rechtsgrundlagen für die Finanz– und Steuerbuchhaltung werden dauernd erneuert und verändert.
Bei der Vorbereitung seines Jahresabschlusses muss das ausländische Unternehmen alle neuen gesetzlichen Veränderungen berücksichtigen. Diese werden in der Regel gegen Ende Januar des Folgejahres bekannt gegeben. So führt das Unternehmen seine Finanz– und Steuerbuchhaltung innerhalb eines Jahres nach dem geltenden Steuerrecht, und Anfang des nächsten Jahres müssen die oft bereits fertiggestellten und eventuell schon veröffentlichten Jahresberichte im Rahmen der neu erschienenen Regelungen angepasst werden.
Die Rechtsgrundlagen für die Finanz– und Steuerbuchhaltung werden in Russland ständig erneuert und verändert.
– Nicht alle ausländischen Unternehmer wollen auch die Tatsache verstehen, dass die Gesetzesakte in der Russischen Föderation immer im Zusammenhang mit den bereits früher festgelegten Akten betrachtet werden müssen, – erzählt Iwan Medwedjew.
Dies ist zum Beispiel dann ratsam, wenn in den verschiedenen Gesetzestexten voneinander abweichende Anforderungen auftauchen. Beim Abfassen eines Finanzberichts gelten in dieser Situation solche normativen Rechtsakte, die zu den neu erschienenen Rechtsakten nicht im Widerspruch stehen. Anders ausgedrückt sollte man beim Vorhandensein unterschiedlicher normativer Rechtsakte die später erschienenen Akte priorisieren.
In der russischen Gesetzgebung fehlt eine Definition für den Begriff des „beizulegenden“ bzw. „anzusetzenden Buchwerts“. Daher werden die im obengenannten Finanzbericht angegebenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten nicht richtig bewertet. Dieser Umstand führt die Anteilseigner in die Irre und erschwert somit das Treffen richtiger Managemententscheidungen.
Problematisch für die ausländischen Unternehmer ist auch die Tatsache, dass die Geschäftsberichte in Russland an das jeweilige Kalenderjahr gebunden sind. Dagegen weisen die Geschäftsberichte, die nach den Regeln der Internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) verfasst wurden, keine unbedingte Bindung an das jeweilige Kalenderjahr auf. Dieses Faktum erschwert den Konsolidierungsprozess in der Geschäftsberichtserstattung.
Die meisten ausländischen Unternehmen in Russland führen ihre Bücher auf zwei Arten – nach den russischen und den internationalen Standards.
Die russischen Regeln der Finanzbuchhaltung unterscheiden sich von den ausländischen auch darin, dass hier das für das Ausland wichtige Prinzip „substance over form“ keine Gültigkeit hat. D.h. das Wichtigste für die russische Finanzbuchhaltung ist das Existieren eines Belegs in Papierform, und nicht der tatsächliche Inhalt des Vertrags. Wenn zum Beispiel die Ware geliefert und später veräußert wurde, aber die Lieferung aus irgendwelchen Gründen nicht formell festgehalten wurde, darf ein solcher Vertrag nicht im Finanzbericht auftauchen. Gleichzeitig aber ist es nach den Regeln der Internationalen Rechnungslegungsstandards durchaus zulässig, solche Verträge auch ohne ihre Dokumentation in Papierform in den Finanzbericht aufzunehmen, denn dem wirtschaftlichen Inhalt des Vertrags wird dabei Vorrang gegeben.
Somit führen die meisten ausländischen Unternehmen, die in Russland gegründet wurden, zwei Arten der Finanzbuchhaltung – nach den russischen und nach den internationalen Standards. Dabei spielt die Finanzbuchhaltung nach den internationalen Standards nur eine interne Funktion: Sie ist flexibler und macht die wirtschaftliche Lage des Unternehmens gut nachvollziehbar und eignet sich somit, auf ihrer Grundlage Managemententscheidungen treffen. Die Finanzbuchhaltung nach den russischen Standards wird von den ausländischen Unternehmern dagegen nicht als Quelle wirtschaftlich interessanter Informationen betrachtet und daher nicht analysiert. Sie dient vor allem der Repräsentation und fungiert als die Steuerprüfungsgrundlage für die Steuerbehörde.
Viele Fragen, die mit den Besteuerungsregelungen verbunden sind, werden zu ernst zu nehmenden Steinen des Anstoßes für ausländische Unternehmer.
Man sollte die möglichen Forderungen seitens der Steuerbehörde kontrollieren und rechtzeitig darauf reagieren.
– Wir haben im Rahmen unserer Tätigkeit einen Fall erlebt, wo ein ausländisches Unternehmen, das in Russland eine Immobilie kaufte, ernsthafte Probleme mit der Bezahlung der Vermögensteuer bekam, – erzählt Iwan Medwedjew. In der Steuerprüfungsbehörde weigerte man sich, die Bezahlung der Vermögenssteuer anzunehmen. Man verwies darauf, dass das ausländische Unternehmen keine Repräsentanz in Russland hat und dass es nicht möglich sei, die Steuertilgung in Russland aus dem Ausland vorzunehmen.
Dem ausländischen Unternehmer wurde empfohlen, in Russland eine Tochtergesellschaft zu gründen, diese anzumelden und ein Konto in einer russischen Bank zu eröffnen. Von diesem könnte man dann die Steuersumme bezahlen. Der ausländische Unternehmer lehnte diesen Vorschlag ab und zum Schluss gab es einfach keinen, der die ausstehende Steuerschuld tilgen konnte. Der Unternehmer ging davon aus, dass er diese Summe dann einfach sparen könnte.
– So eine Herangehensweise ist nicht ganz korrekt, – meint Iwan Medwedjew. Denn jederzeit kann ein Vollstreckungsverfahren aufgrund der Steuerhinterziehung eingeleitet werden. Die Steuerbehörde kann dann den Einsatz der verfügbaren Mittel zur Tilgung der Steuerschuld erzwingen. Meine Empfehlung: Möglichen Forderungen seitens der Steuerbehörde kontrollieren und rechtzeitig darauf reagieren. Es kann auch nicht schaden, wenn man Beweisdokumente sammelt, die belegen, dass man vorhatte, die Steuern zu zahlen, man aber von der Steuerbehörde abgelehnt wurde.
einiger Fragen braucht man ein ganzes Team. Bei einigen Situationen muss man mehrere Schritte im Voraus planen.
Die größte Gefahr für ein ausländisches Unternehmen besteht aber dann, wenn es in die Insolvenz geführt wird, – sagt Iwan Medwedjew. Ein italienisches Unternehmen, das sich auf die Lieferungen von Metallwalzen spezialisiert hatte, hatte in Russland schwere Verluste erlitten. Das Unternehmen stand vor der Insolvenzmeldung, doch dies bereitete den Investoren anscheinend keine Sorgen. Als aber die Steuerbehörde im Rahmen ihrer Steuerprüfung das Unternehmen kontrollierte, kamen mehrzählige Fälle der Veruntreuung von Mitteln ans Tageslicht. Diese führten das Unternehmen schließlich in den Bankrott. Sie Situation spitzte sich immer mehr zu, und es hätte auch zu einer strafrechtlichen Verfolgung wegen „vorsätzlicher Insolvenz“ und „Geldwäsche“ kommen können.
– Heute arbeiten wir für dieses Unternehmen, – erzählt Ivan Medwedjew. Wir unterstützen es vor Gericht, bei den Verhandlungen mit den ehemaligen Geschäftspartnern und bei außengerichtlichen Einigungen. Ein Teil der Schulden konnte das Unternehmen bereits tilgen.
Erfahrene Juristen können bei der Lösung vieler problematischer Situationen helfen. Das Wichtigste ist dabei, sich in die Hände von guten Spezialisten zu begeben oder am besten gleich ein ganzes Spezialistenteam zu engagieren. „Für die Lösung einiger Fragen braucht man ein ganzes Team, – meint der geschäftsführende Partner von Impek Alliance GmbH. Bei einigen Situationen muss man mehrere Schritte im Voraus planen.“
Bei der Wahl einer Consultingfirma in Russland sollte man auf die Empfehlungen statt auf nur die bekannten ausländischen Firmennamen achten.
Wenn ein Unternehmen Dienstleistungen von einer großen Consultingfirma in Anspruch nimmt, bekommt es ein Gesamtpaket. Für das ausländische Unternehmen bedeutet dies, dass es keine zusätzlichen Mitarbeiter – Juristen oder Buchhalter – einstellen und bezahlen muss. Man weiß ja zudem auch vorher nicht, welches Niveau diese Mitarbeiter mitbringen. Ein Consultingunternehmen verfügt über eine große Mitarbeiterzahl in allen Fachrichtungen und kann seine Kunden vollständig im Rahmen der ihnen zugeteilten Befugnisse begleiten. So führt Iwan Medwedjew ein Beispiel an, wo einem Juristen aus seiner Firma vom ausländischen Unternehmen sogar das Recht zum Abschluss von Geschäften in dessen Namen anvertraut wurde. Auch beim Werben neuer Kunden wird bei Impek Alliance GmbH auf Vertrauen gesetzt. An das Unternehmen wendet man sich vor allem auf Empfehlung von Kunden, denen das Consultingunternehmen bereits bei Problemlösungen geholfen hat.
Iwan Medwedjew rät den ausländischen Investoren, bei der Wahl einer Consultingfirma auf die Empfehlung ihrer Landsleute zu hören anstatt sich von den bekannten ausländischen Firmennamen blenden zu lassen. Diese betrachten die Probleme ihrer Kunden oft nur oberflächlich und sind so stark ausgelastet, dass die Qualität ihrer Dienstleistungen darunter oft leidet.
Man sollte sich auch nicht auf die Informationen in den Ratings verlassen: Die Platzpositionen dort sind oft gekauft. Aber dies ist auch im Ausland gängige Praxis, sodass die Ausländer in der Regel Bescheid wissen.