Situation 1
Ein westliches Unternehmen, ein Vertragshändler für Baustoffe, schloss für elf Monate einen Mietvertrag für einen Lagerraum im Moskauer Gebiet ab. Im Vertrag wurde vereinbart, dass der Mieter das Recht hätte, diesen Lagerraum an einen Untermieter zu vermieten. Der Mieter machte von seinem Recht Gebrauch. Doch ein halbes Jahr später bestand der Vermieter auf einer Auflösung des Vertrags. Er verlangte von seinem Mieter, seine Lagerräume zu räumen, weil er die Untermiete mit ihm nicht abgesprochen hätte. Der Vermieter reichte außerdem Klage ein. Das westliche Unternehmen holte sich daraufhin rechtlichen Beistand.
Es wurde eine juristische Situationsanalyse durchgeführt. Teil 2 des Art. 615 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Russischen Föderation sieht vor, dass der Mieter das Recht hat, mit dem Einverständnis des Vermieters die angemieteten Räume an einen Untermieter weiterzuvermieten. Gleichzeitig aber regelt das Bürgerliche Gesetzbuch nicht die Form, wie der Vermieter sein Einverständnis bei solchen Abmachungen ausdrücken soll. Man nimmt an, dass diese Situation auf unterschiedliche Art und Weise geregelt werden kann: mit einer schriftlich oder mündlich ausgedrückten Zustimmung vonseiten des Vermieters in jedem Punkt der Untermiete-Vereinbarung, mit einem schriftlichen oder mündlichen In-Kenntnis-setzen des Vermieters über die Vereinbarung einer Untermiete sowie mit der Aufnahme der einzelnen Punkte bezüglich der Untermiete in den Vertrag zwischen Mieter und Vermieter.
Über das Unternehmen „Belfort”:
Das Unternehmen Belfort bietet breit gefächerte Consulting-Dienstleistungen im Bereich Recht, Steuern, Finanzen, Buchhaltung und Vermögensverwaltung für natürliche Personen an. Belfort beschäftigt hochqualifizierte und erfahrene Spezialisten, die vorher für Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der „Big Four“ (PricewaterhouseCoopers, Deloitte, Ernst & Young und KPMG) sowie für führende russische und ausländische Unternehmen tätig waren. Alle Mitarbeiter der Firma sprechen Englisch. Die Erfahrungen, welche sich die Fachleute im Laufe ihrer Wirtschaftspraxis angeeignet haben, ermöglichen es ihnen, ganz unterschiedliche, unter anderem auch außergewöhnliche und komplexe Fragen zu lösen.
Im obengenannten Fall enthielt der Mietvertrag folgende Formulierung: „Der Mieter hat das Recht, das von ihm gemietete Objekt weiterzuvermieten.“ Aus dieser Formulierung folgt nicht, dass der Mieter bei jedem Untermietvertrag von seinem Vermieter dessen Einverständnis hierzu abholen oder ihn jedes Mal darüber informieren muss. Folglich ergab sich aus dieser Formulierung, dass das Einverständnis für eine Untermiete bereits im Vertrag zwischen dem Vermieter und dem Mieter festgehalten wurde. Diese Position wurde auch im Rahmen des entsprechenden Gerichtsverfahrens vertreten.
Die Anwälte konnten darlegen, dass der Angeklagte keine Vertragsbestimmungen verletzt hat, und der Kläger keine rechtliche Grundlage besaß, den obengenannten Vertrag einseitig zu kündigen. Was gleichzeitig bedeutete, dass es auch keine rechtliche Grundlage für eine vorzeitige Räumung der Lagerräume gegeben hat. Somit wurde die Klage des Vermieters abgewiesen. Die Anzahl solcher Fälle ist in der Gerichtspraxis ziemlich hoch, und nur 30% von ihnen werden von den Mietern gewonnen.
Um hohe Kosten, langwierige Gerichtsverfahren sowie den damit verbundenen Stress zu vermeiden, sollte man auf solche Fragen bereits bei einer Vertragsvereinbarung ganz besonders achten. Und vor der Vertragsunterzeichnung sollten die Form und das Vorgehen beim Einholen des entsprechenden Einverständnisses vonseiten des Vermieters im Falle einer Untermiete der Räumlichkeiten abgestimmt und ganz klar festgehalten werden.
Situation 2
Ein ausländisches Unternehmen, ein Vertragshändler für Möbel, schloss einen befristeten Mietvertrag für Büroräume in Moskau ab. In diesem Vertrag wurden die volle Adresse des Gebäudes sowie das Stockwerk, wo die besagten Büroräume lagen, festgehalten. Die konkreten Nummernschilder zu den Büroräumen fehlten aber. Es fehlte auch der genaue Plan des Stockwerks. Nach zwei Monaten verlangte der Vermieter von seinem Mieter, dass er die Räumlichkeiten räumen solle. Der Grund: Die laut Vertrag übergebenen Räumlichkeiten seien nicht in hinreichender Weise definiert worden. Somit wäre der obengenannte Vertrag laut Punkt 3 des Art. 607 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Russischen Föderation nicht rechtskräftig. Nachdem sich der Mieter geweigert hatte, die Büroräume zu verlassen, reichte der Vermieter Klage ein. Der Mieter wandte sich daraufhin an seine Anwälte, um seine Interessen beim Gericht angemessen vertreten zu lassen.
Nach einer eingehenden juristischen Situationsanalyse wurde auf den Plenum-Beschluss Nr. 73 „Über die einzelnen praktischen Fragen der Anwendung der Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches der Russischen Föderation über die Mietvereinbarung“ des obersten Schiedsgerichts der Russischen Föderation vom 17.11.2011 verwiesen. Im Punkt 15 dieses Beschlusses wird festgehalten, dass der Vertrag, bei welchem die vermieteten Räumlichkeiten nicht speziell erläutert wurden (d.h. die konkreten Bedingungen über das Objekt des Vertrages nicht abgestimmt wurden), nicht als nichtig betrachtet werden kann, wenn dieser faktisch von beiden Seiten eingehalten wurde. Im obengenannten Fall verwiesen auf die faktische Einhaltung des Vertrags von beiden Seiten folgende Umstände: Das Fehlen gegenseitiger Reklamationen bei der Objektübergabe und beim Aufsetzen des Vertrages über die Objektübernahme und -übergabe, Bezahlen einer Zweimonatsmiete sowie das Bezahlen einer Mietkaution in der vertraglich vereinbarten Höhe. Im Laufe des Gerichtsverfahrens konnte so dargelegt werden, dass der befristete Mietvertrag faktisch eingehalten wurde. Der Klage des Vermieters konnte deswegen abgewiesen werden.
Aber entsprechend dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Russischen Föderation kann der Vertrag auch als nicht rechtskräftig betrachtet werden, falls im entsprechenden Vertrag die wesentlichen Bedingungen nicht festgehalten wurden, d.h. beide Seiten daraus keine besonderen Rechte und Pflichten haben. Und der Vermieter kann die Rückgabe der Mieträume verlangen, indem er hierzu als Grund die widrige Bereicherung anführt (Art. 1102 des BGB der Russischen Föderation). Solche gerichtlichen Verfahren lassen sich auch vermeiden, wenn man die Mieträume, die an den Mieter übergeben werden, detailliert vertraglich festhält und dem Mietvertrag ein Stockwerkplan mit den präzise gekennzeichneten Mieträumen beilegt.
Situation 3
Die Vertretung eines großen westlichen Unternehmens schloss einen längerfristigen Mietvertrag für Gewerberäume in Moskau ab. Man wollte die Räumlichkeiten als Büroräume nutzen. Der Vertrag sah vor, dass die Grundsanierung vom Mieter übernommen werden sollte. Dabei wurde der Zustand der Räumlichkeiten im Vertrag nicht erläutert. Die Räume wurden in einem unbrauchbaren Zustand übergeben. Deswegen sah sich der Mieter gezwungen, vor der Aufnahme seiner Tätigkeiten eine Grundsanierung der Räume vorzunehmen. Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten wandte sich der Mieter an seinen Vermieter, um sich seine Sanierungskosten von ihm erstatten zu lassen. Der Vermieter weigerte sich aber, die entstandenen Sanierungskosten zu übernehmen. Daraufhin reichte der Mieter Klage ein.
Das BGB der Russischen Föderation schreibt vor, dass der Vermieter verpflichtet ist, auf seine Kosten eine Grundsanierung der von ihm vermieteten Räumlichkeiten vorzunehmen, wenn nichts anderes vom Gesetz oder von anderen Rechts- oder Vertragsbestimmungen bestimmt wurde. Die Verletzung der Verpflichtungen in Bezug auf die Durchführung einer Grundsanierung vonseiten des Vermieters gibt dem Mieter das Recht, diese aufgrund spezieller Vertragsbestimmungen oder der vorliegenden Notwendigkeit selbst vorzunehmen und die Sanierungskosten dann später von seinem Vermieter zurückzuholen oder diese mit den Mietkosten entsprechend zu verrechnen.
Punkt 1 des Art. 611 des BGB der Russischen Föderation sieht vor, dass der Vermieter verpflichtet ist, dem Mieter die Mieträume in einem Zustand zu übergeben, welcher den vertraglichen Bedingungen entspricht. Der Vermieter ist dabei verpflichtet, an den Mieter die entsprechenden Mieträume abzugeben, auch wenn der Zustand dieser vertraglich nicht explizit erwähnt wurde. Weil nun die obengenannten Räumlichkeiten dem Mieter in einem unbrauchbaren Zustand übergeben wurden, durfte dieser die entsprechende Grundsanierung selbst vornehmen und die Sanierungskosten von seinem Vermieter zurückverlangen. Das Gesetz bestärkt dabei den Mieter in seinem Recht, den Ersatz solcher Kosten von seinem Vermieter zu verlangen oder diese mit den Mietkosten entsprechend verrechnen zu dürfen. Dieses Recht kann im Rahmen eines Mietvertrags eingeschränkt werden, doch im obengenannten Fall wurden solche vertraglichen Einschränkungen nicht vorgenommen. Den Anwälten des Klägers ist es gelungen, die erwünschte Erstattung der Sanierungskosten für die gemieteten Räume zu erwirken. Man könnte eine solche gerichtliche Auseinandersetzung auch vermeiden, wenn beide Seiten beim Aufsetzen des entsprechenden Mietvertrags mehr Sorgfalt hätten walten lassen und bestimmte Punkte in Bezug auf die Aufteilung der Sanierungskosten ausführlicher miteinander besprochen hätten.
Situation 4
Ein großes internationales Unternehmen mit Vertretung in Russland schloss einen Wohnungsmietvertrag für seinen Topmanager ab. Dieser Mietvertrag sah vor, dass der Mieter das Recht hatte, seinen Mietvertrag vorzeitig zu kündigen, wenn er seinen Vermieter 90 Tage zuvor darüber unterrichtet. Wenn der Mieter die vertraglich festgesetzte Benachrichtigungsfrist von 90 Tagen versäumt, darf der Vermieter laut Vertragsvereinbarungen seine Kaution einbehalten. Der Mietvertrag wurde dann aber aus einem anderen Grund gelöst, bei welchem keine klaren gegenseitigen vertraglichen Bestimmungen vorlagen. Trotz dieser Tatsache weigerte der Vermieter sich, die Kaution an den Mieter zurückzuzahlen. Als Grund führte er an, dass der Vertrag nicht im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben, sondern nur vonseiten des Mieters gekündigt worden sei.
Punkt 1 des Art. 450 des BGB der Russischen Föderation sieht eine Vertragskündigung im gegenseitigen Einvernehmen der beiden Seiten vor. Im obengenannten Fall behauptete der Vermieter, dass er mit der Vertragsauflösung nicht einverstanden gewesen wäre und dass der Vertrag nur vonseiten des Mieters gekündigt worden sei. Gleichzeitig aber ging aus einem E-Mail-Verkehr zwischen dem Mieter und dem Vermieter hervor, dass der Vermieter vorhatte, einen neuen Mietvertrag mit einem anderen Mieter abzuschließen. Es konnte außerdem schriftlich nachgewiesen werden, dass der Vermieter bereits seit längerer Zeit nach einem neuen Mieter suchte. Deswegen konnte nachgewiesen werden, dass faktisch beide Seiten an einer vorzeitigen Vertragsauflösung gleichermaßen interessiert waren.
Die Anwälte, an welche sich das internationale Unternehmen gewandt hat, haben eine Klage gegen den Vermieter aufgesetzt und verlangt, er solle die Kaution an seinen ehemaligen Mieter zurückzahlen. Man einigte sich schließlich außergerichtlich, und die Kaution wurde an den Mieter zurückgezahlt. Um solche Situationen zu vermeiden und auf die Tricks von unlauteren Vermietern nicht hereinzufallen, sollte man einzelnen Mietvertragspunkten wie Vertragsänderung oder -auflösung besondere Aufmerksamkeit schenken. Verhandlungen über vorzeitige Vertragsauflösungen sollte man nur schriftlich führen (zum Beispiel per E-Mail) und den gesamten Schriftverkehr dann aufbewahren.