— Die Firma meines Vaters beschäftigte sich mit einer etwas anderen Praxis, als wir hier in Moskau, erzählt er. - Dies waren hauptsächlich die Beteiligung an Gerichtsverfahren und das Unternehmensrecht. Dabei überwiegend auf lokaler, städtischer Ebene.
Ich begann gleich nachzudenken, wie wir über die Grenzen des Landes hinausgehen können, ein Büro im Ausland eröffnen und eventuell einer ähnlichen Praxis nachgehen können, aber auf internationaler Ebene. Natürlich auf Fälle spezialisiert, die mit Spanien verbunden sind.
Wir analysierten die Situation und verstanden, dass unsere relativ kleine Firma schwerlich mit großen Anwaltsbüros in London, Berlin oder Lissabon konkurrieren kann. Zugleich war ein Land interessant, dass gute Entwicklungsperspektiven der Beziehungen zu Spanien hatte. Russland war ein guter Ausgangspunkt - wir wurden die einzige spanische juristische Firma in Moskau.
Aber das kam später, doch seit 2002 kam ich regelmäßig hierher. Lernte den Markt kennen, baute Beziehungen auf. Es kamen Kunden und bis 2008 hatten wir bereits Erfahrungen für die Eröffnung eines ständigen Büros gewonnen.
– Meiner Ansicht nach hat sich der Markt für juristische Dienstleistungen in Moskau noch nicht endgültig herausgebildet und einige seiner Abläufe, insbesondere die Preisbildung, kann man chaotisch nennen. In Moskau gibt es juristische Firmen oder "Souterrain-Kanzleien" mit billigen, unbequemen Büros und ohne irgendein Vermarktungssystem; daneben bestehen durchaus fortschrittliche juristische Firmen westlicher Art in teuren Büros der Kategorie "A", mit aggressivem Marketing und aktivem Personal. Dabei muss sich die Qualität der Leistungen der letzteren nicht unbedingt stark abheben, aber die Höhe der Vergütung kann das Zehnfache betragen. Deshalb hängen die Aufwendungen eines Investors in diesem Bereich in erster Linie davon ab, welche Marktnische er zu besetzen plant.
Ich gehe davon aus, dass der Inhaber für den Start einer vollwertigen juristischen Firma nach westlicher Art - mit Ausgaben für ein Büro der Kategorie "A", Ausstattung, qualifiziertem Personal und Vermarktung - bereit sein muss, mindestens 20.000 $ pro Monat aufzuwenden; dabei kann niemand garantieren, dass sich diese Aufwendungen schnell rentieren, da es in diesem Markt bereits recht viele lokale Player und Konkurrenten mit etabliertem Ruf gibt. Ich würde potentiellen Investoren empfehlen, in diesem Bereich qualifizierte Partner aus den Reihen der Moskauer Anwälte hinzuzuziehen, da bei Fehlen vollwertiger Angebote auf dem Markt die Nachfrage nach einer Partnerschaft zum gegenseitigen Vorteil unter hochqualifizierten Spezialisierten derzeit sehr hoch ist, und im juristischen Geschäft ist der Jurist bekanntlich das Hauptkapital.
— Mit welchen Schwierigkeiten wurden Sie konfrontiert, als Sie das Geschäft in Moskau aufnahmen?
— Natürlich störte in erster Linie die Sprachbarriere. Aber ich konnte mir mit Englischkenntnissen aushelfen. Insgesamt gesehen ... Viele bei uns in Spanien denken, dass Geschäfte in Russland zu machen, sehr schwierig ist. Ich denke das nicht. Natürlich gibt es Unterschiede - andere Gesetze, andere Traditionen, die Lebensweise. Aber darauf trifft man in jedem Land. Ich kann nicht sagen, dass die Arbeit in Moskau für mich zu irgendeiner großen Herausforderung wurde.
— Traten keine Probleme mit der Eintragung der Firma in Moskau auf?
— Besonderen Schwierigkeiten bin ich nicht begegnet. Die bürokratischen Verfahren sind hier nicht komplizierter als in Spanien, ich habe sie recht einfach durchlaufen.
— Haben Sie ohne russischen Partner angefangen?
— Ich hatte einfach keine. Aber von Anfang an half mir eine russische Dame, die ich in Spanien kennenlernte, sie half bei der Übersetzung, dem Aufbau von Kontakten und Verbindungen. Jetzt ist sie Direktorin meines Moskauer Büros.
— Sie sprechen nun selbst kein schlechtes Russisch. Haben sie sich besonders mit der Sprache beschäftigt?
— Ich begann sie noch vor dem Umzug nach Moskau zu lernen. Ich fand einen Lehrer in Spanien, wir übten ein bis anderthalb Stunden pro Tag. Aber das systematische Lernen war bald zu Ende. In Moskau erlernte ich die Sprache dann bei der täglichen Kommunikation und Arbeit.
— Kann ein Jurist in Russland ohne Sprache auskommen?
— Wenn man es mit russischen Kunden zu tun hat, mit russischen Gesetzen, sollte man die Sprache besser kennen. Aber ich kenne ausländische Juristen, die in Moskau ohne jegliche russische Sprachkenntnisse arbeiten und mit Englisch auskommen. Ich denke allerdings, dass das nicht ganz richtig ist. Wenn man hier wohnt, muss man die Sprache kennen, wenigstens auf Kommunikationsniveau.
— War es Ihnen als Spanier leicht, sich an die russische Denkweise, an die Besonderheiten des Charakters zu gewöhnen?
— Ich denke, bei der Mentalität, dem Charakter sind wir den Russen sehr ähnlich.
— Und gibt es Unterschiede, wenn man mit ihnen als Kunden zu tun hat?
— Was mir an den Russen allgemein gefällt, und an den russischen Kunden insbesondere, ist, dass sie zielstrebiger sind, als die Spanier. Die treffen Entscheidungen schneller und wesentlich entschlossener. Wahrscheinlich besteht darin der Hauptunterschied. Ein Kunde in Spanien denkt mehr nach, der Entscheidungsprozess verläuft langsamer.
– Der Eintritt in den Markt der juristischen Dienstleistungen ist recht schwierig abzuschätzen. Wenn Sie als privater Jurist oder Anwalt beschlossen haben, sich weiterzuentwickeln, indem Sie eine eigene juristische Firma eröffnen, sollte Ihr Startkapital mindestens 500 Tsd. Rubel betragen. Dies ist für die Anmietung Ihres Büros, die Eintragung einer juristischen Person, die Einstellung von Personal sowie das Bekanntmachen Ihrer Firma. Den Break Even zu berechnen ist recht schwierig, da alles von dem erworbenen Kundenstamm abhängt sowie davon, ob Sie neue Kunden für Ihre Mitarbeiter gewinnen können. Aber im Mittel ist dauert das zwischen drei und sechs Monaten.
In Russland sind die Preise für juristische Dienstleistungen ungeachtet der Krise nicht gefallen und bleiben stabil. Und aufgrund spezieller Tendenzen zur Änderung der russischen Gesetze vergrößert sich die Zahl der stark spezialisierten juristischen Firmen, die sich auf einen konkreten Rechtsbereich konzentrieren. Es sollte noch erwähnt werden, dass die "Uberisierung" juristischer Dienstleistungen stark an Fahrt gewinnt. Bald wird die Vorbereitung von Prozessunterlagen, Klageschriften und Beschwerden automatisiert und die Juristen werden nur noch für die Anwesenheit vor Gericht oder anderen Verwaltungseinrichtungen benötigt. Die "uberisierten" Dienste zur Auswahl von Juristen sind bereits eingerichtet, bald wird man unkomplizierte juristische Dienstleistungen mithilfe verschiedenartiger Programme und Dienste im Internet erbringen können.
— Waren große Mittel vonnöten, um das Geschäft hier zu beginnen?
— Ich kann Ihnen noch nicht einmal die Anfangssumme nennen. Moskau ist natürlich eine recht teure Stadt. Und qualifiziertes Personal kostet.
— Wären die Aufwendungen in Spanien geringer?
— Schwer zu sagen. Kann sein, dass die Gehälter bei bestimmten Mitarbeitergruppen höher sind, die Sozialversicherungsabgaben höher sind. Aber hier ist z.B. die Büromiete höher.
— Und wenn man die Steuern vergleicht?
— In Russland sind sie niedriger, als bei uns. Mindestens bezüglich der kleinen und mittleren Unternehmen, auf jeden Fall niedriger. Nach europäischen Maßstäben ist die Besteuerung hier durchaus akzeptabel.
— Sind in Ihrer Firma die Gehälter irgendwie mit den spanischen vergleichbar?
— Das hängt natürlich von der Funktion ab. Aber wir bemühen uns, das Gehalt der Mitarbeiter ungefähr auf dem spanischen Niveau zu halten.
— Erinnern Sie sich, wer Ihr erster Kunde in Moskau wurde?
— Das war eine spanische Firma. Lassen Sie mich etwas erklären: das, womit wir uns in Moskau in den ersten Jahren beschäftigten, und das, war wir in den letzten fünf bis sechs Jahren machen, unterscheidet sich etwas. Angefangen haben wir mit juristischer Hilfe für spanische Firmen, die auf dem russischen Markt Fuß fassen wollten. Wir halfen mit der Übersetzung von Unterlagen, berieten zu den russischen Gesetzen, zur Besteuerung, zur Buchhaltung, allgemein zu einem weiten Kreis von Fragen. Es ist immer gut, im Ausland Landsleute zu anzutreffen, die mit Sachverstand über die diversen Seiten des Lebens in dem neuen Land erzählen können. So war vieles auch das, was ich als psychologische Hilfe zur Anpassung an den russischen Markt bezeichnen würde.
Jetzt hat sich die Ausrichtung des Geschäfts geändert: wir arbeiten hauptsächlich mit russischen Kunden, juristischen und vor allem natürlichen Personen, die Interessen in Spanien haben.
— Mit welchen Problemen kommen die russischen Kunden hauptsächlich zu Ihnen?
— Nicht so sehr mit Problemen, sondern mit Fragen, bei deren Lösung wir helfen und in denen wir beraten. Viele möchten in Spanien investieren, auch in Immobilien; es gibt rechtliche Aspekte bei ihrem Erwerb, der Gründung eines eigenen Geschäfts, Fragen des Umzugs nach Spanien, der Besonderheiten der Besteuerung, dem Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis.
— Wie finden neue Kunden Sie oder wie finden Sie die Kunden?
— Jetzt haben wir bereits viele Kunden, denen wir geholfen haben, und neue Leute kommen auf Empfehlung zu uns. Außerdem organisieren wir selbst verschiedenartige Konferenzen, erwecken Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken, über unsere Website.
— Gibt es in der Moskauer Firma viel Personal?
— In Moskau arbeiten sieben Personen. In allen unseren Büros gibt es russischsprachige Mitarbeiter.
– Der Moskauer Markt für juristische Dienstleistungen ist riesig und jeden Tag passiert irgendetwas. Wenn man nur die Anwaltspraxis nimmt, sind 50% der Fragen, mit denen sich die Anwälte beschäftigen, alltägliche Angelegenheiten. Die Nachfrage nach Lösung dieser Probleme ist hoch und stabil. Der Kunde ist in der Regel ein einfacher Mensch, der bereit ist, höchstens 50.000 Rubel für die Bearbeitung des gesamten Falles auszugeben, von der Klageschrift bis zum Urteil. Üblicherweise dauert ein solcher Fall zwischen drei Monaten und einem Jahr. Deshalb ist der Markteintritt eines internationalen Unternehmens für Beratungen zu solchen Dienstleistungen mindestens unrentabel. Bis sie sich etabliert haben, sie bekannt sind, müssen sie bereits schließen...
Heutzutage ist der Generator für Verkäufe das Internet. Für die Arbeit über diese Ressource bedarf es einer guten Website, mit der Möglichkeit zur Online-Beratung und einem soliden Design. Die Einrichtung einer solchen Seite kostet etwa 1 Mio. Rubel.
Was das Büro betrifft, ist für ein internationales Unternehmen wichtig, ein repräsentables Büro in der Nähe zum Moskauer Stadtzentrum zu haben. Die Miete eines derartigen Büros kostet etwa 20.000 Rubel pro Quadratmeter im Jahr, d.h. allein für die Miete müssen ca. 2 Mio. Rubel pro Jahr zurückgelegt werden. Neben den Aufwendungen für die Miete entstehen auch Aufwendungen für die Ausstattung der Arbeitsplätze. D.h. für den Anfang braucht man 5-7 Mio. Rubel ohne die Hauptressource - die Werbung. Auf dem Markt für Anwaltsleistungen gibt es eine enorme Konkurrenz, deshalb darf man die Werbung auf keinen Fall vernachlässigen. Das Unternehmen muss ca. 0,5-1 Mio. Rubel pro Monat für Werbung aufwenden, d.h. einfach dafür, dass es irgendwie arbeitet und Anrufe erhält. Das Grundgehalt eines Anwalts beträgt mindestens 100.000 Rubel pro Monat. Zudem muss er unbedingt Partner sein, d.h. das Unternehmen muss ihm Partneranteile zahlen (ca. 30% pro Auftrag). Nur zu solchen Bedingungen ist ein einigermaßen professioneller Anwalt bereit, zu arbeiten.
— Wie haben Sie die Mitarbeiter ausgewählt?
— Hauptsächlich auf Empfehlung von Bekannten. Wir haben eine spezifische Tätigkeit, man braucht gute Spanischkenntnisse. Die spanische Gemeinde ist nicht besonders zahlreich: in Russland, überwiegend in Moskau, leben und arbeiten etwa drei Tausend spanische Staatsangehörige, jeder kennt jeden und sie verkehren mit spanischsprachichen Moskauern.
— Entspricht die Qualifikation der Fachleute dem internationalen Niveau?
— Wir sind vollauf damit zufrieden, das Ausbildungsniveau ist bei ihnen sehr hoch.
— Wie haben Sie diese Räumlichkeiten für das Büro gefunden?
— In diesem Bürohaus - mit Hilfe eines Maklers. Und sonst gibt es einige recht gute spezialsierte Seiten im Internet. Während all dieser Jahre sind wir zwei- oder dreimal umgezogen und das hat keine großen Schwierigkeiten verursacht.
— Ist der Raum teuer?
— Wissen Sie, die Miete erscheint einem immer als zu hoch.
— Ist das Leben in Moskau insgesamt teurer als in Spanien?
— Moskau ist eine internationale Hauptstadt. Deshalb sollte hier das Leben prinzipiell teurer sein, als an anderen Orten. Aber man muss es immer im Einzelnen betrachten. Beispielsweise Strom oder kommunale Dienstleistungen sind in Moskau billiger, Taxi ist billiger. Aber das Essen im Restaurant ist teurer. Merklich höher sind auch die Immobilienpreise. In der letzten Zeit ist es mit dem Sinken des Rubelkurses besser geworden. Aber es ist dennoch teurer als in Madrid.
— Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
— Moskau ist beileibe keine langweilige Stadt. Es gibt eine Menge Möglichkeiten, sowohl im Kultur- als auch im Unterhaltungsbereich, nicht wenig Restaurants. Mir gefällt es hier wirklich.
— Aber doch nicht alles? Geben Sie zu, irgendetwas gefällt Ihnen nicht so ganz?
— Die naheliegendste Antwort: das Wetter. Ehrlich gesagt, das Winterwetter in Moskau könnte besser sein. Aber insgesamt ziehe ich es vor, mich auf die positiven Seiten zu konzentrieren. Man darf nicht verlangen, dass alles um einen herum wie im Paradies ist. Widmen Sie den positiven Augenblicken des Lebens Ihre Aufmerksamkeit - und das Leben macht Ihnen Spaß.
— Auf Ihrer Facebook-Seite haben Sie ein Foto des ehemaligen Ranglistenersten, des spanischen Tennisspielers Rafael Nadal, des englischen Fußballstars David Beckham und von Tom Brady, einem der besten Spieler in der Geschichte des American Football eingestellt. Sind das Ihre Lieblingssportarten?
— Ja, schon. Ich bin Fan dieser Sportler und verfolge ihre Auftritte.
— Machen Sie selbst Sport?
— Wenn die Zeit es erlaubt, gehe ich in ein Fitnessstudio und ins Schwimmbad. Es gibt zu viel sitzende Tätigkeit im Büro, man muss in Form bleiben.
— Gibt es beim Essen Vorlieben?
— Was in Moskau gut ist - die Stadt bietet die Möglichkeit, die unterschiedlichsten Küchen der Welt zu probieren. Für mich sind die Küchen der Länder der ehemaligen UdSSR am interessantesten: usbekisch, georgisch, aserbaidschanisch... Natürlich gefällt mir auch traditionelle russische Küche.
— Und wie beurteilen Sie die spanischen Restaurants in Moskau?
— Eine heikle Frage für mich! Ich fahre ja häufig in die Heimat, wo ich die Möglichkeit habe, spanisches Essen im Original zu probieren. Das genügt mir.
— Fühlen Sie sich in Moskau sicher?
— Darüber habe ich nie nachgedacht. Hier kann man in Ruhe spät abends durch die Straßen spazieren, verschiedene Etablissements besuchen. Meiner Ansicht nach, ist dies eine der sichersten Städte Europas.
— Was würden Sie heute einem spanischen Geschäftsmann empfehlen, der noch nachdenkt, ob er in Russland Geschäfte beginnen sollte?
— Herkommen und ausprobieren. Zu meinen Bekannten, ausländischen Geschäftsleuten in Moskau, kann ich sagen: wahrscheinlich sind über neunzig Prozent mit dem Leben in Moskau zufrieden, kommen beruflich weiter.
— Welche Pläne haben Sie selbst?
— Wir sind für eine längere Zeit hierher gekommen. Ich denke, die Perspektiven sind durchaus optimistisch. Ich schließe nicht aus, dass wir neben Moskau ein weiteres Büro irgendwo in Russland eröffnen werden. Aber derzeit arbeiten wir an der Eröffnung eines Büros in Dubai: dort sehen wir ebenfalls gute Perspektiven für unser Geschäft.